Moment Mal
von Pfrn. Johanna Köster
Ich sammle Farben für den Winter
Es gibt eine Geschichte, in der eine Maus auf einem Stein sitzt und in die Landschaft guckt, während alle anderen Mäuse emsig damit beschäftigt sind Vorräte für den Winter zu sammeln. Die fleißigen Mäuse, die Korn und Beeren zusammentragen, ärgern sich über die faule Maus und fragen: „Frederik, warum tust du nichts?“ Und Frederik antwortet: „Ich sammle Farben für den Winter.“
Das verstehen die andere Mäuse nicht und ärgern sich. Als dann aber der Winter kommt, freuen sich die Mäuse über die Nahrung, die sie gesammelt haben. Irgendwann sind alle Vorräte aufgegessen und die Mäuse fangen an zu frieren und den Sommer zu vermissen. Das ist der Moment, in dem Frederik seine Vorräte auspackt. Er setzt sich vor die anderen Mäuse und erzählt ihnen vom Sommer, malt ihnen Bilder von Kornblumen und Mohn vor die Augen und schildert die Sonnenstrahlen so treffend, dass allen Mäusen ganz warm wird.
Jetzt gerade ist Sommer. Die Kornblumen und der Mohn blühen an den Rändern der Felder. Ich versuche viel von dieser Schönheit und Wärme aufzutanken für den Winter. Denn schon jetzt wird vor einem Winter gewarnt, indem es kalt wird. Ein Mangel an Erdgas führt möglicherweise zu Versorgungsengpässen und hohen Preisen. Gewarnt wird vor neuen Corona-Wellen und steigenden Infektionszahlen, sobald der Herbst beginnt.
Anders als bei Frederik, der im Sommer schöne Bilder sammelt, um damit im kalten Winter Wärme zu verbreiten, werden Bilder von Kälte und Krankheit in den warmen Sommer herauf beschworen. Ich brauche die Bilder von den reifen Feldern, den blühenden Wiesen und den warmen Sonnenstrahlen, um für den Winter aufzutanken.
Dafür schaue ich ganz bewusst auf die schönen Dinge. Ich nehme mir Zeit, die blühende Rose im Garten genau anzusehen. Vieles erscheint so selbstverständlich: Das Lachen der Kinder, die süßen Kirschen, das Abendrot. Wenn ich diese Dinge bewusst wahrnehme ist das wie ein Auftanken. In einem Lied über das Sammeln der Farben für den Winter werden die Farben mit Mut und Hoffnung verglichen. Ich möchte Mut und Hoffnung sammeln und davon erzählen können, wenn es kalt und grau wird. Wenn jemand sagt, komm ich mach das für dich, werde ich mit Fürsorge beschenkt. Wenn mich jemand in den Arm nimmt, dann tanke ich Zuwendung auf. Auch solche Begegnungen möchte ich bewusst wahrnehmen und meinen Speicher füllen. Denn so kann ich meinen Vorrat an Liebe und Aufmerksamkeit teilen; etwas weitergeben, an die, die nichts haben, was sie sammeln können.
Mache dich auf die Suche, sammle das Schöne und gib es an die weiter, die es nicht finden!
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