Moment Mal
von Pfarrerin Anna Trapp
Viele Pfarrsprengel rufen in diesen Tagen zu Friedensgebeten auf. Moment mal: Was können Gebete denn bewirken? Gebete haben mehrere Dimensionen. Zum einen öffnen wir uns im Gebet zu Gott hin und vertrauen uns Gottes Wirken an. Zum anderen ist das Gebet eine Möglichkeit mit den Ängsten und der Ohnmachtserfahrung angesichts des Krieges in der Ukraine umzugehen, in dem wir sie eben vor Gott bringen.
Dabei macht uns das Gebet bewusst, dass wir alle Teil einer schuldverstrickten Welt sind, und dass wir darum nicht so tun können, als gehe uns das alles nichts an.
Friedensgebete sind auch Momente des Zusammenkommens, als Gemeinschaft. Öffentliche Gebete sind Orte, an denen wir unsere ganze Ohnmacht, Hilflosigkeit und Fassungslosigkeit teilen und in Ritualen Worte für das finden, was so unbegreiflich ist.
Man sagt manchmal „geteiltes Leid ist halbes Leid“. Auch diese Erfahrung lässt sich im Gebet und in den Gesprächen drumherum machen. Ich stehe nicht allein da, es sind andere da und im Gebet sind wir verbunden, miteinander und mit Gott. Das schenkt Kraft und ermöglicht Verständigung. Das Gebet bestärkt uns darin, gegen den Krieg unsere Stimme zu erheben und aktiv danach zu suchen, was dem Frieden und den Menschen dient, z.B. durch Aktionen für geflüchtete Familien oder die Unterstützung humanitärer Hilfsorganisationen.
Der ev. Theologe Dietrich Bonhoeffer schrieb 1943 einen Text, der als Glaubensbekenntnis bekannt geworden ist. Dort heißt es: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.“ Dass wir zu solchen Menschen werden, dazu rüstet uns das gemeinsame Friedensgebet. So erwachsen Solidarität und Engagement. Die Übernahme von Verantwortung verhindert auch, dass wir in der Haltung der (An)klage steckenbleiben, auch wenn es aktuell wichtig ist, die Dinge ehrlich beim Namen zu nennen.
Friedensgebete haben nämlich eine Kraft, die auch politische Machthaber beeindrucken kann. Das haben die Menschen im Herbst 1989 in den Tagen der friedlichen Revolution gespürt. Die besondere Stärke des Gebets liegt dabei darin, Hoffnung auch für den zu entwickeln, der jetzt als Feind gilt. Im Gegenüber auch den Menschen zu sehen, dem Gott die Möglichkeit zur Umkehr einräumt. Denn nur, wenn wir uns menschlich begegnen, haben Friede und Versöhnung langfristig eine Chance. Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.
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