Moment mal
von Pfarrer Olaf Glomke
Auch die Seele braucht eine Jahresbilanz
Zwischen den Jahren durchblättere ich immer noch einmal meinen Kalender: 12 Monate, 365 Tage, 2011. Diese Zeit liegt hinter mir. Was ist in diesem Jahr alles geschehen? In meinem Kalender finde ich Notizen. Säuberlich eingetragene oder schnell hin geschriebene. Ich entdecke Randnotizen, Einschübe und Durchgestrichenes. Erfahrungen. Gedanken werden zu Bildern. Einiges hält mich fest. Ich denke an Menschen, die ich begleitet habe. Höre von ihren Hoffnungen und spüre ihre Traurigkeit. Abschied nehmen ist schwer. Dennoch erfahre ich darin auch Trost. Mir fallen Daten und Ereignisse ein, die mir wichtig und wertvoll geworden sind, beruflich und ganz privat. Dankbar schaue ich zurück.
Weitere Eintragungen zeigen mir, wie die Zeit im Flug vergangen ist. Selbst habe ich es kaum wahrgenommen. Darunter findet sich Zeit, die ungenutzt verstrichen ist: eine Klärung ist ausgeblieben, eine Idee nicht umgesetzt.
Ich gehe noch einmal den Weg dieses Jahres. Diese Zeit brauche ich. Nicht nur Geschäfte und Banken brauchen Jahresbilanzen –auch meine Seele braucht sie.
Neben mir auf dem Schreibtisch liegt der neue Kalender für 2012 bereit. Die Jahreswende ist ein künstliches Datum. Unser Leben geht weiter. Auch wenn wir vieles mit nehmen ins neue Jahr: unfertiges, unerledigtes, offenes. Ich entscheide, wo ich ansetzen werde und dass ich mich auf das Neue freue.
So schlage ich meinen Kalender 2011 zu. Lege ihn zur Seite. Vielleicht durchblättere ich ihn nie mehr. Klagend, bittend und dankbar gebe ich Gott diese Zeit meines Lebens zurück. Jetzt ist es Zeit, die ersten Seiten des neuen Kalenders 2012 aufzuschlagen. Dabei stoße ich auf die Losung für das neue Jahr: „Jesus Christus spricht: Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Ein merkwürdiger Satz. Widersprüchlich und Fragen aufwerfend. Werde ich dem, was mir begegnen wird gewachsen sein? Woher wird mir die Kraft erwachsen? Schwach bin ich manchmal auch. Und mehr Kraft wünsche ich mir in den verschiedensten Augenblicken. Es ist Zuspruch und Trost, die ich immer brauche –auch im neuen Jahr.
Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt. In allem Planen liegt immer etwas Vorläufiges. Doch hoffe ich, dass Gott mir die nötige Kraft gibt. Das aus der Schwäche eine Kraft erwächst -immer wieder für die kommenden 12 Monate, 366 Tagen, in 2012.
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