Moment Mal
von Pfarrerin Anna Trapp
„Nichts ist gut in Afghanistan.“ so lautete ein im Jahr 2010 vielbeachteter Satz von der Theologin und ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD Margot Käßmann. Ein Satz, der mir mit sehr viel Fassungslosigkeit in diesen Tagen neu ins Gedächtnis gerückt ist. Die Bilder von Menschen, die sich in den Maschinen drängen, um noch irgendwie ausgeflogen zu werden, sie machen mich beklommen.
Seit Ende 2001 waren auch deutsche Soldat*innen in Afghanistan und haben dort Verantwortung übernommen. Verantwortung für Menschen, die noch heute auf unsere Hilfe hoffen. Damals, wurde viel debattiert, ob und wie dieser Einsatz gerechtfertigt wäre – denn Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein. Und doch gab und gibt es Situationen, in denen es gerechtfertigt sein kann, auch militärische Optionen nicht auszuschließen.
2013 hatte die Kammer für Öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland eine Stellungnahme zur Friedensethik veröffentlicht in der sie den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr anhand von Kriterien (rechtmäßiger Grund, legitimierte Autorität, ernste Absicht, auf Frieden hinzuwirken, und der Einsatz des Kampfes als äußerstes Mittel) prüfte. Die Kammer kam dabei zu dem Ergebnis, dass der Einsatz, wenn er am Leitbild des „Gerechten Friedens“ gemessen würde, große und anerkennenswerte Bemühungen der internationalen Gemeinschaft erkennen ließe, aber eben auch schwerwiegende Mängel.
Kritisiert wurde damals vor allem ein fehlendes politisches-strategisches Rahmenkonzept. Denn eine Staatengemeinschaft, die zu militärischen Optionen bereit ist, muss auch dafür Sorge tragen, dass Wiederaufbau, Konfliktnachsorge und Sicherheit Ziel des Handelns bleiben. Dieser Nachsorgeverantwortung hat sich die Gemeinschaft durch ihren überhasteten Abzug entzogen, sie hat die Menschen dort im Stich gelassen.
Heute, 20 Jahre nach Beginn des Einsatzes und der erneuten Machtübernahme der Taliban in diesem, für die meisten von uns, so fremden, fernen Land, da stehen wir als Gesellschaft vor der Frage, wie nun mit dieser Situation umzugehen ist. Als Christenmenschen leben wir aus Gottes Frieden und tragen als Staatsbürger*innen Verantwortung. Darum ist es unser Gebot, danach zu fragen, wie den Hilfesuchenden zu helfen ist – nicht, wie man sich der Pflicht entzieht.
Als Christenmenschen müssen wir uns an Jesu Mahnung messen lassen: Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan. (Mt 25,45)
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