Moment mal
von Wilfried Schmidt
Wann sind Sie das letzte Mal gelobt worden? War das „nur“ unter vier Augen oder haben das auch andere mitbekommen? Und wann haben Sie das letzte Mal jemanden gelobt? Auch so, dass andere mitbekamen, worüber sie sich freuen oder dankbar sind?
Lob motiviert uns, bestimmte Dinge für andere gern wieder zu tun. Es ist Wertschätzung. Wertschätzung einer Tätigkeit und auch des Menschen selbst. Ausbleibender Dank hingegen führt dazu, dass man nicht mehr so schnell etwas für andere macht oder sich mit bestimmten Sachen schwer tut. Und es nagt unter Umständen auch am Selbstwertgefühl.
Ich denke da an eine Situation, die ich während einer meiner Ausbildungen erfuhr. Nachdem mir meine Ausbilder etwa eine Stunde lang bei meiner Arbeit zuschauten, kam es zur Auswertung. Der Gesprächsführer begann mit folgenden Worten: „Was sie gut gemacht haben, wissen Sie sicher selbst. Kommen wir gleich zu den Dingen, die nicht so gut oder nicht gut waren!“ Sicher kann sich jeder vorstellen, welche große Motivation für mich in diesen Worten lag…
Nun, ich meine, dass ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Wie viel Zeit nehmen Gespräche ein über das, was nicht gut ist und uns nicht gefällt, z.B. das Verhalten der Kinder oder der Eltern, der Chef, die Angestellten, das Angebot in jenem Laden, der Service dieser Firma, die Lehrer oder die Schüler. Egal, ob auf der Geburtstagsfeier oder im Kollegenkreis. Kritik und Hinterfragen sind angesagt.
Das ist ja erst einmal auch gar nicht verkehrt. Vieles wirklich Unschöne und Schlechte ist so schon zu Tage gebracht worden und konnte dadurch abgestellt werden. Und ich habe da vielleicht einen, bei dem ich mich aussprechen kann. Das macht es mir leichter, mit dem Schweren umzugehen. Allerdings vergessen wir darüber nur zu schnell, dass es auch schöne und erfreuliche Dinge gibt, die beim Namen genannt werden sollten, z.B. eine freundliche Geste, eine hilfreiche Tat, ein ermutigendes oder wegweisendes Wort. Und wo Lob und Dank verschwiegen werden, Schönes und Gutes nicht beim Namen genannt werden, entsteht der Eindruck: das ist alles selbstverständlich. Gewöhnlich. Nicht der Rede wert.
Bei meinen Eltern hing ein kurzer Spruch an der Küchenwand: Danken macht reich. Klar, das Portemonnaie wird dadurch nicht voller und das Auto davon auch nicht größer. Aber wer dankt, macht klar, dass er beschenkt ist. Wer andere lobt, macht deutlich: Das ist nicht selbstverständlich! Hier hat einer gemacht, was er nicht unbedingt tun musste, und mir dadurch auch Wertschätzung entgegengebracht.
Genauso verstehe ich, was ich einem Lied lese. Ich mag das Lied sehr gern. Es findet sich in den Psalmen, dem Lied- und Gebetbuch in der Bibel. Ganz am Anfang heißt es da: „Ich will Gott, den Herrn, von ganzem Herzen loben. Alles in mir soll seinen heiligen Namen preisen! Ich will den Herrn loben und nie vergessen, wie viel Gutes er mir getan hat.“
Wer Gott danke sagt, denkt darüber nach, was er alles aus seiner Hand bekommen hat und entdeckt, wie reich er beschenkt ist. Das Gute, das Gott mir und uns getan hat, macht deutlich: Ich bin wert geachtet in seinen Augen. Er übersieht mich nicht. Das war nicht nur gestern so, sondern wird auch in Zukunft so sein. Wer entdeckt, wie ihn Gott in der Vergangenheit begleitet und beschenkt hat und dann in das Loben und Danken einstimmt, dem wird es auch leichter sein, Vertrauen für heute und morgen zu fassen.
Ihr Wilfried Schmidt
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