Moment mal
von Pfarrer Wolfgang Nier
Gelassenheit ist gut für’s Herz
Gelassenheit ist etwas, von dem jeder weiß, dass sie gut ist. Sie ist gut für’s Gemüt, sie ist gut für die Seele, sie’s gut für’s Herz, sie ist gut für den Kreislauf und sie ist gut für die Menschen, die mit einem zusammenleben müssen.
Sie ist keine Kunst, wenn man entspannt im Sessel sitzt und Zeitung liest. Sie ist keine Kunst, wenn man im Urlaub ist, niemanden aus der Nachbarschaft begegnet, niemanden aus dem Dorf und schon gar nicht aus der Verwandtschaft.
Gelassenheit ist auch keine Kunst, wenn man auf einem hohen Berg sitzt, das Grandiose der Schöpfung bewundert und irgendwo tief im Tal sieht man ein paar „Krümel“ Menschen hin und herrennen und sich fragt: was rennen die bloss?
Und so erinnert sich vielleicht jeder an Momente, in denen er allem und jedem mit einer großen Gelassenheit gegenübertreten kann, weil … ja weil die Dinge des Lebens so weit weg scheinen oder die Seele so abgeschirmt ist, das einem nichts Böses, nichts Stressendes, nichts Belastendes erreichen kann.
Das Problem ist nur: diese Momente, in denen es uns gelingt, so eine entspannte Gelassenheit zu leben, sind eben oft nur Momente, in denen man ahnt – wie schön das Leben sein könnte, wenn es einem doch immer gelänge, mitten im Alltag Gelassenheit zu leben.
Ein Versuch ist es trotzdem wert. Hier sind 3 Impulse Gelassenheit stärker in unseren Alltag hineinzunehmen.
Erstens können wir uns selbst Situationen schaffen, in denen Gelassenheit in unserem Leben und Alltag Raum bekommt … Musik, die einem gut tut, wer Spaß am Singen hat, sollte das tun. Man kann raus gehen aus den vier Wänden, in die Natur, manche schwören dabei auf’s Angeln, oder einen Menschen anrufen, der einem gut tut, sich ein gutes Buch nehmen, das einen aufbaut, usw. usf.
Ich denke, dass jeder in sich spürt, was ihm eine Quelle für Gelassenheit sein könnte.
Zweitens hilft auch der genaue Blick auf die Dinge, die einem die Gelassenheit rauben. Hier ist zu schauen: lohnt es sich überhaupt, sich über dies und das so viel Gedanken und Sorgen und Ärger zu machen? Viele kennen das: geraubter Schlaf in durchgrübelten Nächten.
Ein Zitat von Rainer Haak, ein zeitgenössischer Theologe und Schriftsteller trifft dabei den Nagel auf den Kopf: „Wer sich nachts zu lange mit den Problemen von morgen beschäftigt, ist am nächsten Tag zu müde, sie zu lösen.“ Da ist was dran.
Ein anderes Zitat könnte helfen, für manche Dinge einen klareren Blick zu bekommen. Reinhold Niebuhr, ein deutsch-amerikanischer Theologe und Philosoph des 20. Jhrs sagt dazu:
„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Manchmal hilft es, darüber nachzudenken und zu unterscheiden: Kann ich an einem Problem etwas ändern oder nicht? Im ersten Fall braucht es den Mut, auch loslassen zu können (im Wort „Gelassenheit“ steckt „lassen“ drin: ich lasse etwas los!) und im zweiten Fall den Mut Veränderungsschritte zu tun, selbst dann, wenn andere damit Probleme bekommen. Aber das wiederum ist ja nicht mein Problem.
Dazu braucht es aber auch ein Stück Selbstbewusstsein, zu dem ich sie ermutigen will. Und das hat - noch ein drittes Zitat – Marie von Ebner-Eschenbach, im 19. Jhr. die Grande Dame der deutschsprachigen Erzählkunst, so schön fokussiert. Sie sagte: „Die Gelassenheit ist die anmutige Form des Selbstbewusstseins.“
Und Drittens … stehen wir nicht alleine da mit dem, was uns Gelassenheit im Alltag raubt. Auch wenn es uns manchmal so vorkommt, dass wir mit dem Rücken an der Wand stehen. Doch wenn wir uns umdrehen ist es keine Wand, an der wir stehen, sondern es ist Gott, der uns stützt und stark macht.
Und von diesem Gott sind wir in keiner Minute unseres Alltags und in keiner Situation unseres Lebens getrennt.
Paulus, der große Apostel der Christenheit, beschreibt das in fast dramatischen Worten: „Ich bin davon überzeugt, dass weder der Tod noch das Leben, weder Himmelsengel noch Urgewalten, weder Dinge, die gegenwärtig sind, noch die, die in der Zukunft geschehen werden, und auch keine Großmächte, nichts in der Höhe und nichts in der Tiefe noch irgendeine andere erschaffene Wirklichkeit in der Lage ist, uns abzutrennen von der unbeschreiblichen Liebe Gottes…“
Wenn ich das in kleinen undramatischen Worten aus dem Alltag unseres Lebens fortsetze, merke ich, wie sehr Paulus, mich mit seinen Worten von damals auch heute noch erreicht und er in die Wirklichkeit meines Leben hineinspricht:
„Nichts kann mich trennen von der Liebe Gottes, nicht meine Zukunftsängste und Sorgen, nicht meine Mutlosigkeit und Resignation, nicht die vertrackten Situationen, in denen ich stecke, nicht die Boshaftigkeit von Menschen, die mir das Leben schwer machen und mich vor Gericht ziehen, nicht meine Finanznot, nicht meine Einsamkeit, nicht meine Krankheit, nicht meine Familienkonflikte, nicht das Chaos im Büro … nichts, aber auch wirklich nichts kann mich trennen von der Liebe Gottes, die ihren unvergleichlichen Ausdruck in Jesus unserem Herrn gefunden hat“.
Ich finde, mit diesen Schritten komme ich meinem Ziel, gelassener zu leben etwas näher und ich wünsche ihnen, dass sie diese 3 Punkte zur Gelassenheit immer wieder rechtzeitig zur Hand haben, wenn es Not tut.
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Kommentar von Heiko |