Moment Mal

von Wilfried Schmidt

Ein Wort, eine Geste, und der andere wird gefühlt zum Feind. Und wenn von jemandem Ablehnung oder Bedrohung ausgehen, will ich Abstand halten, zumindest innerlich.

Jedoch kann der Eindruck oft täuschen. So erzählten mir Bekannte, dass sie auf Familienfeiern regelmäßig von bestimmten Personen den Eindruck hatten: ‚Die wollen mit uns nichts zu tun haben.‘ Später stellte sich heraus: „Die anderen empfinden uns genauso distanziert wie wir sie.“ Zum Glück gab es diese Klarstellung.

Wenn empfundene Feinschaften immer nur ein Missverständnis wären, dass wäre toll. Es ist offensichtlich, dass es Menschen gibt, die Angst machen wollen, sich mit Gewalt bereichern oder eigene Vorstellungen durchsetzen wollen. Einzelne Personen oder Gruppen.

Was mache ich dann, wo Gespräche vermutlich nicht helfen, nicht einmal möglich sind? Vielleicht erst mal das Weite suchen? Und wo wir öfter mit solchen Leuten zu tun haben - helfen uns da die Worte aus der Bibel weiter (Römerbrief Kap. 12)? Vergeltet niemals Unrecht mit neuem Unrecht. … Soweit es irgend möglich ist und von euch abhängt, lebt mit allen Menschen in Frieden. … Wenn dein Feind hungrig ist, dann gib ihm zu essen; ist er durstig, gib ihm zu trinken. So wirst du ihn beschämen. Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute.

Mancher würde sofort reagieren: „Die haben nichts Gutes verdient!“ „Soll ich die noch belohnen?!“ Die Bibel meint ganz sicher nicht, dass Straftaten nicht geahndet werden. Aber sie sieht hinter den Gesichtern und Gebärden, die einen bedrohen können, Menschen. Menschen, die von Gott geliebt sind. Die von Gott verändert werden können.

Nein, Gott liebt nicht das böse oder brutale Handeln, nicht das egoistische und ausgrenzende Denken. Aber er liebt den Menschen und will, dass er das Böse lässt und das Gute tut. Und dazu brauchen Menschen Gutes, das ihnen begegnet.

„Niemals sind Menschen unsere Feinde.“ Diese Worte eines Pfarrers haben sich mir tief eingebrannt. Menschen nicht, aber egoistische, menschenverachtende und gewaltbereite Verhaltensweisen, Denkmuster und Ideologien können es schon sein. Egal aus welchem „Lager“. Und dagegen wollen wir immer wieder aufstehen und sagen – wie es auch am Freitag in Wittenberge bei einer Kundgebung zu sehen war: „Gewalt hat bei uns keinen Platz!“ Aber nicht nur reden, sondern handeln. So wie es in der Bibel steht. Jesus wird uns mit dieser Aufgabe nicht allein lassen. Er ist alle Tage mit uns, besonders in solchen Situationen.

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