Moment mal
von Pfarrer Tilmann Kuhn
Dreimal eins ist eins
Wer könnte ernst genommen werden, sänge er vor sich hin: dreimal drei macht sechs? Wir schüttelten den Kopf und dächten: Kindskopf! Dennoch ist dieser kleine Liedtext zum Synonym für Kindlichkeit geworden, zum Kennzeichen für das Kind der Kinder: Pippi Langstrumpf. Und Pippi konnte auf ihre Weise sehr gut damit leben und erfreut seitdem fast mehr Erwachsene als Kinder.
Eine ähnliche Ungleichung erfüllt die Welt des christlichen Glaubens. Drei Personen in dem einen Gott sind Grundlage der Trinitätslehre. Und mit dieser Woche beginnt die zweite Hälfte im Kirchenjahr durch den Sonntag Trinitatis. Nichtchristliche Religionen werfen uns vor, wir hätten drei Götter, nämlich den Gott Vater, den Gott Sohn und den Gott Heiliger Geist. Wir sagen, der eine einzige Gott hat drei Erscheinungsweisen: Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Darüber hat es viele Auseinandersetzungen in der frühen Christenheit gegeben. Aber seit dem Konzil von Konstantinopel 381 gehört es zu den unbestrittenen Grundlagen des gemeinsamen Glaubens der weltweiten Christenheit, daß der dreieinige Gott geglaubt und angebetet wird.
Was hilft mir das für mein Leben? Pippi Langstrumpf war glücklich mit ihrer Auffassung vom Leben und dem, was gilt. Sie stellt förmlich einen Gegenentwurf gegen das von Gesetzen und Normen geprägte Leben dar. Jeder Mensch braucht seinen persönlichen Gegenentwurf gegen die vorgeprägte und etablierte Welt. Manch einer greift zurück auf Verhaltensweisen vergangener Zeiten und erzieht seine Kinder dazu, bei Begrüßung und Verabschiedung Diener oder Knicks zu machen. Andere beginnen, in zunehmendem Maße in Phantasiewelten zu leben, als Darth Vader oder als Avatar.
Der trinitarische Glaubensgrund jedoch spricht die ganze Existenz an. Die Geschichte, die Natur und das Leben sind die drei Ebenen menschlichen Lebens, in denen alle wesentlichen Momente unseres Daseins anklingen. Gott hat als Schöpfer einen Anfang aller Dinge gesetzt und damit den Gang der Geschichte ausgelöst und ermöglicht. Gott hat als Erlöser in dem Menschen Jesus Christus der Natur des Menschen Aufmerksamkeit und Recht gegeben, zugleich aber eine Perspektive über sein begrenztes Leben hinaus gegeben mit der Einladung, seinem Reich zugewendet zu leben. Gott wirkt als Heiliger Geist unmittelbar in diesem Leben, indem er uns Impulse verleiht, mit seinem Wort neu zu leben.
Ein Gott in drei Personen ist nach dem gesunden Menschenverstand eine Ungleichung. Dennoch kann sie dem Leben des gläubigen Menschen eine Geschlossenheit verleihen inmitten einer scheinbar ins Individuelle zerfallenden Zeit. Was Vielen als Verlust erfahrbar wird, bleibt im Glauben an den dreieinigen Gott bewahrt und schafft Zugehörigkeit. Zur gesamten Schöpfung. Zur Gemeinschaft der Gläubigen, die sich unter dem Zeichen des Kreuzes in den Gemeinden sammelt. Zum persönlichen Gespräch mit Gott, das auflebt und intensiver zu leben hilft, wo mit dem Beten ernst gemacht wird. Dreimal eins ist eins - zugleich Provokation und Versicherung über erfülltes Dasein - wir sind eingeladen, uns der Herausforderung zu stellen.
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