Moment Mal

von Pfarrer Marcel Borchers

Was möchten Sie hier gerade gern lesen? Ich frage Sie, weil ich mich frage, was ich schreiben soll. Wahrscheinlich lesen Sie im Moment mehr Zeitung. Sehen und hören noch dazu mehr Nachrichten. Und worum geht’s? Es gibt nicht nur ein Thema, aber ein sehr bestimmendes. Das ist richtig so, denn uns alle geht Corona an und es ist wichtig, dass wir informiert sind. Wie können wir andere Menschen und uns am besten schützen? Wichtig ist es, Anteil am Leben derer zu nehmen, die besonders hart getroffen werden von der aktuellen Situation, ob gesundheitlich, emotional oder wirtschaftlich.

Wichtig auch, nicht zu vergessen, dass das Leben nicht stillsteht, auch wenn es sich für manche so anfühlt. Deshalb wollte ich nicht eine weitere Corona-Kolumne schreiben – aber schwer ein anderes Thema zu finden.

Heute ist Montag und wir kommen aus einem Sonntag, der nicht nur der 19. April war, sondern auch der Sonntag nach Ostern und einen eigenen Namen hat – einen meiner liebsten: „Quasimodogeniti“. Gut, oder? Könnte sich ein Kind ausgedacht haben. Ist trotzdem Latein. Aber es heißt übersetzt: „wie die neugeborenen Kinder“.

Wäre ich tatsächlich ein junges Kind, käme ich vielleicht einfacher auf ein anderes Thema. Es gibt ja die böse Verleumdung, Kinder könnten sich nicht allzu lange auf eine Sache konzentrieren und ließen sich sehr schnell von banalen Dingen ablenken wie einem vorbei fliegenden Vogel oder einem lustigen Geräusch aus der hinteren Ecke des Klassenraums. Wäre ich tatsächlich ein Kind, würde ich auch bemerken, dass etwas nicht stimmt, weil ich nicht in die Schule darf (oder muss) wie sonst nach den Ferien. Aber vielleicht könnte ich viele andere Dinge entdecken, die genauso wichtig sind. Und die meine Aufmerksamkeit jetzt brauchen, weil sie wunderbar und lustig sind. Wenn ich tatsächlich ein junges Kind wäre, hätte ich das Traurige nicht verdrängt, aber ich hätte ein neues Thema gefunden, das mir ein Lachen aus dem Bauch lockt. Und allen anderen hätte ich deutlich gezeigt: das gibt es auch noch! Stimmt ja auch, hat nur sonst keiner so gesehen.

Quasimodogeniti. Wie neugeboren, wie ein junges Kind darf ich durch die Welt gehen – offizielle kirchliche Erlaubnis! – und sehen, dass im Leben mehr steckt als die großen Lasten, die es uns manchmal auferlegt. Darf mich sogar beim Tragen ablenken lassen. Einen Witz machen für die, die noch schwerer tragen. Wenn ich ein Kind wäre, worüber müsste ich jetzt sprechen? Vielleicht frage ich mich das jetzt jeden Tag.

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