Moment mal
von Pfarrer Rudolf Klehmet
Auge um Auge, Zahn um Zahn?
Seit etwa 10 Jahren gibt es im "Prignitzer" jeden Montag eine Kolumne unter der Rubrik "Moment mal". Nach ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten wählt die Schreiberin/ der Schreiber das Thema aus.
Kirchliche Feiertage, historische Gedenktage oder auch gesellschaftlich relevante Themen werden z.B. bedacht.
Manchmal gibt es aber Ereignisse, die vieles andere überschatten und tagelang in den Nachrichten die Schlagzeilen bestimmen. Fukushima im März und nun vor einer Woche die Tötung des Terroristen Osama Bin Laden sind solche Ereignisse.
Bin Laden, der sich rühmte, für den gewaltsamen Tod von 3000 Menschen am 11. September 2001 verantwortlich zu sein und der Amerika den Krieg erklärte, ist nun selbst durch einen Gewaltakt seiner Gegner getötet worden.
Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das ist das gängige Muster von Gewalt und Gegengewalt.
Sicher, die Weltmacht Amerika musste alles daran setzen, den Massenmörder Bin Laden aufzuspüren und ihn unschädlich machen. Das ist ihr nun gelungen. Bin Laden kann zukünftig nicht mehr morden. Darüber darf die Welt sich freuen. Aber als Christ sich zu freuen, dass es gelungen ist, Bin Laden zu töten, (Bundeskanzlerin A. Merkel) ist mit christlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Das haben beide großen Kirchen in Deutschland nach der unbedachten Äußerung der Kanzlerin deutlich gemacht.
"Wenn es gelungen wäre, Hitler zu töten, hätte die Welt aufgeatmet, und viel Leid wäre ihr erspart geblieben", so hört man es dieser Tage des öfteren im Zusammenhang mit der Tötung bin Ladens. "Deshalb ist es gut, dass die Tötung Bin Ladens geklappt hat."
Aber ich denke, es gibt hier einen fundamentalen Unterschied.
Deutschland übte in der Zeit des Nationalsozialismus eine mörderische Diktatur ohne rechtsstaatliche Grundsätze aus. Welches deutsche Gericht hätte es wohl gewagt, Hitler anzuklagen und ihn zu verurteilen?
Deshalb waren Frauen und Männer bereit, Hitler zu töten, weil sie keine andere Möglichkeit sahen, ihn loszuwerden. Gewissenskonflikte quälten sie. Da gab es das 5. Gebot mit der Aufforderung, nicht zu töten. Da gab es den Eid auf den "Führer". Da gab es die berechtigte Angst vor Sippenhaft im Falle eines missglückten Anschlags.
Und viele haben missglückte Attentate auf Hitler mit ihrem Leben bezahlt.
Aber Amerika als ein demokratisches Land mit rechtstaatlichen Prinzipien wäre sehr wohl in der Lage gewesen, Osama bin Laden vor ein ordentliches Gericht zu stellen. Warum ist es nicht geschehen?. Wenn dies zukünftig Schule macht, sich unliebsamer Leute wie Terroristen und anderer Verbrecher durch Hinrichtung zu entledigen – wo kämen wir dann hin?
Jörg Schönenborn kommentierte dies in den "Tagesthemen" so:
"Was ist das für ein Land, das eine Hinrichtung derart bejubelt? Zivilisierte Nationen haben einst das Völkerrecht geschaffen, dass Verbrecher vor Gericht gestellt und nicht einfach getötet werden. Die Welt ist mit dem Tod Bin Ladens nicht sicherer geworden, aber Präsident Obama ist seiner Wiederwahl näher gekommen."
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