Moment Mal

von Pfarrer Olaf Glomke

Um Vertrauen möchte ich bitten

Die Nebelschwaden der Böller und Raketen haben sich verzogen. Die Diskussionen um Feinstaub und Lärm auch. Vor dem Brandenburger Tor, in Wohnungen und Häusern wurde fröhlich das ausklingende und das beginnende Jahr gefeiert. Um Mitternacht lagen sich Abschied und Neubeginn in den Armen; und die Menschen auch. Das neue Jahr ist wenige Tage alt, doch bereits in den ersten Sekunden des neuen Jahres erfasst viele die Ambivalenz zwischen triumphaler Gewissheit und Skepsis: „Jetzt wird es anders! (die guten Vorsätze)“ und „Was wird wohl werden?“ (die Zweifel). Diese Ambivalenz ist ein Lebensgefühl, das viele Menschen auch ins neue Jahr hinein begleitet: „Wem kann man vertrauen?“, „Wem oder was soll man glauben?“ Skeptisch gehen Menschen ins Jahr 2020.

Für jedes Jahr geben die Kirchen eine Jahreslosung aus. Die diesjährige Losung klingt wie ein Seufzer. Ein verzweifelter Vater aus der Bibel stößt ihn aus: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“. Der Zusammenhang ist kurz erzählt: Ein Vater bringt seinen erkrankten Sohn zu Jesus. Von ihm hat er schon viel Gutes gehört. Ihm soll gelingen, was den besten Ärzten bisher nicht gelungen ist. Hin- und hergerissen zwischen Gewissheit und Skepsis sagt er: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ Der Vater ist verzweifelt. Seine Kraft ist am Ende. Am Ende wird der Sohn gesund – Gott sei Dank!

„Mein Gott, ja, ich will glauben, doch dann hilf mir!“ In welcher Situation habe ich nicht auch schon diesen Satz still gedacht? - Manchmal ist das Seil auf dem ich stehe recht dünn; nicht immer, aber eben manchmal. Glaube und Zweifel stehen sich gegenüber: Wie kann Gott nur? Was denkt er sich? Warum handelt er nicht? Viel weiter als der Vater in der Geschichte, komme ich auch nicht. Vielleicht muss ich im ersten Moment auch nicht weiter. Doch um Vertrauen in das neue Jahr 2020 möchte ich bitten. Gut möglich, dass das schon der halbe Weg ist.

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