Moment Mal
von Pfarrerin Anna Trapp
Am Sonntag ist es wieder so weit, da denken wir in den Gottesdiensten und auf den Friedhöfen Land auf, Land ab an unsere Verstorbenen des nun bald vergangenen Jahres. Manch ein Posaunenchor wird spielen, Kerzen werden entzündet, Stille breitet sich aus und die Gedanken gehen zurück.
Mir ist dieser Totensonntag oder auch Ewigkeitssonntag wichtig. Weil mir meine Toten wichtig sind. Ich persönlich habe in diesem Jahr meine Oma beerdigt. Eigentlich hatte sie für dieses Jahr „viel vor“. Der Fernsehgottesdienst im Juni, unsere Hochzeit im Juli, alles war in ihrem Kalender an der Wand in der Küche eingetragen. Doch der Tod fragt nicht nach Plänen. Ich habe im Mai in der Kirche daheim in Westfalen gesprochen, den Gottesdienst leitete der katholische Kollege. Es ging gut, bis wir anfinden zu singen. Da brachen bei mir alle Dämme. „Segne du Maria“ war Omas Lieblingslied. Und auch jetzt, wenn ich an das Lied denke, steigen mir Tränen in die Augen. Vielleicht kennst du das in deiner Trauer auch. Das du Musik, Gerüche oder Bilder nicht ohne Tränen erleben kannst, weil sie so eng mit der geliebten Person verbunden sind, die nun nicht mehr mit dir lebt und lächelt. Der Tod ist manchmal ein gemeiner Verräter, die Erinnerung ein kostbares Geschenk.
Jetzt schmücken wir die Gräber, halten inne und machen uns bewusst, wie flüchtig das Leben, auch unseres ist. Der Tod ist ja so ein Tabu geworden, über das man ungern spricht, aber diese Jahreszeit erlaubt es uns, beiläufig beim Harken oder bewusst im Trauercafé. Ob kirchlich oder nicht, es tut gut, in der Trauer nicht allein zu sein. Es tut gut, Rituale zu finden und Abschied bewusst zu gestalten.
Bei uns in der Küche steht Omas Bild neben einer Kerze. Es zeigt sie fröhlich, mit einer Berliner-Weiße-Schale an einem Sommertag in Berlin. Noch ist es schwer zu akzeptieren, dass ich sie in dieser Welt nicht mehr treffen kann. Aber ich weiß auch: ihr Tod wird sich in mein Leben eingliedern, so wie bei den anderen auch, an die ich nicht nur am Totensonntag denke. Dabei helfen mir Hoffnungsbilder der Bibel oder meines kleinen, in mir bewahren Kinderglaubens.
Wenn im Winter der Himmel rosa leuchtete, sagte Oma früher zu uns Kindern: „Schaut mal, das Christkind backt Plätzchen.“ Wie schön, wenn Oma nun auch dort mitbackt, z.B. ihre leckeren Terrassenplätzchen.
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