Moment Mal
von Superintendentin Eva-Maria Menard
Herbstferien! Die Wanderschuhe sind verstaut, der Thüringer Wald ist das Ziel. Die Wetter-App zeigt acht Tage Regenwetter und behält Recht.
So erkunden wir die Städte, fahren nach Eisenach und besuchen eine gerade eröffnete Ausstellung zur Geschichte des sogenannten „Entjudungsinstitutes“. In der Zeit des Nationalsozialismus versuchten Kirchenvertreter, alles Jüdische aus der Bibel und dem evangelischen Liederbuch zu entfernen. Das ist so, als würde man dem Baum, in dessen Ästen man wohnt, die Wurzeln ausreißen. Ich bin erschrocken, dass führende Vertreter dieses unseligen Projekts in DDR-Zeiten wieder leitende Positionen in Kirche und Staat einnahmen. Die Kirche hat in diesem Jahr einen Mahnort errichtet. „Wir sind in die Irre gegangen“ heißt es auf der Installation.
An einem anderen Regentag lockt Erfurt. Wir streifen durch die Gassen der wunderschönen Altstadt, lauschen Orgelklängen in der Michaeliskirche und entdecken die „Alte Synagoge“, die 500 Jahre lang - nach der Vertreibung der Juden aus der Stadt um 1543 - als Lagerhalle und Restaurant genutzt wurde. Erst in den vergangen Jahren hat man sie behutsam saniert. Als wir aus der „Kleinen Synagoge“ kommen, einem unscheinbaren Bau, der nach der Zerstörung der großen Synagoge im Jahr 1938 den Juden als Versammlungsort diente und heute Begegnungsstätte ist, steht ein Polizeiauto vor der Tür. Die Polizisten schauen nervös und wachsam.
Es ist Mittwoch, der 9. Oktober. In Halle hat wenige Stunden zuvor ein junger Mann versucht, die Gottesdienstbesucher in der Synagoge zu töten. Die Tür hält und der Mann, der „Juden und Kanaken“ töten will, erschießt Jana, vierzig Jahre alt. Im Dönerladen tötet er einen 22-Jährigen, Handwerker aus Merseburg und Fußballfan.
Wenn der Hass freien Lauf bekommt, dann kann es jeden treffen. Wenn dem Bösen nicht widersprochen wird, gewinnt es Raum, greift erst in Worten und schließlich in Taten um sich. Manche haben ihre Lust daran, das Böse loszulassen. Dafür verbreiten sie Lügen. Fake News sagt man heute. Die schleichen sich wie Gift ins Herz. Ein erprobtes Mittel, um Menschen zu verwirren und das Gute zu töten.
Lasst uns die Wahrheit gegen die Lüge stark machen. Auf dass wir Werkzeuge des Friedens werden: Liebe üben, wo man sich hasst; verzeihen, wo man sich beleidigt; verbinden, da wo Streit ist; die Wahrheit sagen, wo der Irrtum herrscht.
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