Moment Mal

von Pfarrer Marcel Borchers

Ihm wächst ein Schwert aus dem Mund. Denn Worte verletzen. Worte stechen ins Herz. Worte töten manchmal.

Ihm wächst ein Schwert aus dem Mund – ein komisches Bild. Und doch wurden solche Bilder gemalt. Im Mittelalter wurde das ein gängiges Motiv in der christlichen Kunst. Diese Bilder zeigen Jesus am Tag des Weltgerichts. Deshalb wächst ihm das Schwert aus dem Mund, denn seine Worte sind Urteile, die über das Leben richten.

Diese Bilder zeigen die Kraft von Worten so deutlich wie es deutlicher nicht geht: ein Urteil über mein Leben. Das ist ein Hinweis mitten in unser Leben hinein. Denn Worte haben wir auch. Und manchmal sind sie Schwerter. Ein Mensch engagiert sich. Ein anderer Mensch sagt: „Das bringt sowieso nichts.“ Ein Mensch probiert was Neues. Ein Mensch sagt: „Früher war es besser.“ Ein Mensch wünscht sich Traditionen zum Festhalten. Ein Mensch sagt: „Das ist veraltetes Zeug.“ Ein Mensch wünscht sich Menschlichkeit für alle Menschen. Ein Mensch wünscht ihm Gewalt und den Tod. Ein anderer Mensch wünscht ihm das Gleiche nur schlimmer. Und die Menschen diskutieren, ob aus bösen Worten böse Taten folgen.

„Das wird man doch noch sagen dürfen!“ Muss man es so sagen? Müssen meine Worte Schwerter sein? Kein böses Wort soll über eure Lippen kommen. Vielmehr sollt ihr stets ein gutes Wort haben, um jemanden aufzubauen, wenn es nötig ist. Dann bringt dieses Wort denen Gnade, die es hören. (Epheserbrief 4,29, die Bibel) Ist einen Versuch wert, oder?

Ein Mensch engagiert sich. Ein Mensch sagt: „Ich freue mich, wenn es gelingt!“ Ein Mensch wünscht einem Menschen Gewalt und Tod. Viele Menschen sagen: „Stopp! Bitte hör auf! Wir wollen Frieden, wir wollen einfach leben miteinander.“ Klare Worte, aber keine Schwerter, keine Stiche. Manche Menschen glauben, dass aus gnädigen Worten gute Taten folgen. Glauben, dass Gewalt und Bosheit aus unseren Worten verschwinden müssen und dass dabei nur Gnade hilft.

Auf den komischen Bildern wächst Jesus nicht nur ein Schwert aus dem Mund. Auf der anderen Seite seines Mundes wächst eine Lilie. Ein Symbol für Gnade und blühendes Leben.

Wenn mich das nächste Mal ein Mensch wütend macht, dann will ich den Blumenstrauß in meinem Mund suchen. Ich hoffe, ich vergesse dann, dass ich auch ein Schwert habe. Ist einen Versuch wert, oder?

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