Moment Mal
von Wilfried Schmidt
Allein gelassen. Wer kennt dieses Gefühl nicht? Zwar ist man jetzt oft draußen und begegnet mehr Menschen als sonst. Doch bei manchen werden vielleicht Erinnerungen wach, die schmerzlich bewusst machen, dass man einsam ist:
Wie oft war das Ehepaar in den Bergen unterwegs. Vor einigen Monaten ist er verstorben und sie ist allein. Und dann der junge Mann: mit seiner Verlobten saß er im letzten Jahr beim wunderschönen Sonnenuntergang am Meer. Sie hatten angefangen, die Hochzeit zu planen... doch plötzlich kam ihre Nachricht, dass es keine gemeinsame Zukunft gibt. Oder: ein Freund hatte ganz fest zugesagt, bei der einen Sache zu helfen, wo man unbedingt Hilfe brauchte. Unerwartet konnte er aber nicht!
Allein gelassen. Von Menschen. Was ist, wenn sich das Gefühl einschleicht, auch von Gott verlassen zu sein? Wenn eine wichtige Sache, für die man lange gebetet hat, einfach nicht kommt. Wenn das alles mit Bibel, Beten und Glauben einfach nichts mehr zu bringen scheint?
Allein gelassen sein. Niemand ist da. Aber nicht nur das. Ich bin auf mich gestellt, nur auf mich. Und ich weiß, dass die Anforderungen ein paar Nummern zu groß sind! Ich fühle mich verraten, wertlos, nicht der Mühe und Zeit anderer wert. Ich mit meinen Bedürfnissen werde übersehen. Ich bin ein Mensch zweiter oder dritter Klasse. Andere und anderes ist viel interessanter!
Was mach ich nun? Kopf hängen lassen? Mich selbst bemitleiden? Meinen Ärger über andere pflegen? Oder mache ich mich bemerkbar, bringe mich in Erinnerung? Suche ich mir bei anderen Hilfe und Beistand? Oft reichen schon Zuwendung und Interesse eines Menschen aus, um neu durchzustarten. Er muss gar nicht viel tun. Ich erlebe, dass ich wahrgenommen und ernst genommen werde. Das gibt Kraft, schenkt Zuversicht. Auch wenn um mich herum (erst einmal) alles bleibt, wie es war.
Und wenn ich mich von Gott im Stich gelassen fühle? Da hilft die Begegnung mit anderen Menschen, die durch ihre Zuwendung mir zeigen, dass Gott mich sieht. Die von Gottes Hilfe in ihrem Leben erzählen oder mir die Augen öffnen, wo ich Gottes Eingreifen ja schon erlebt habe. So können sie mir helfen, ihm neu zu vertrauen, z. B. auch der Zusage von Jesus: „Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch.“ (Johannesevangelium 14, Vers 18). Dass es manchmal scheint, als sei Gott nicht da, das habe ich gerade in einer Kinderferienwoche erlebt. Aber auch das: er ist nie weiter weg als ein Gebet. Und er ist da mit seiner Hilfe und lässt uns nicht allein.
Einen Kommentar schreiben