Moment mal
von Pfarrer Tilmann Kuhn
Die Brille und die Perspektive
Statistisch gesehen kommt das Wort Brille in der Bibel null mal vor. Weil wir uns angewöhnt haben, unsere Wirklichkeit durch die Brille der Statistik wahrzunehmen, müßten wir logischerweise schlussfolgern, daß alle Menschen zu biblischen Zeiten scharfe Augen hatten. Aber weit gefehlt! Es gilt als gesichert, daß die ersten Brillen um 1300 in der Toskana erfunden worden sind. Unser Statistik-Blick hat uns in die Irre geführt.
Es wäre allerdings politisch höchst unkorrekt, wollten wir von diesem kleinen Beispiel her generell das Denken in Statistiken verdammen. Ich könnte mir denken, daß 99,9% aller Statistiken wahr sind. Wie damals die Wahlergebnisse, im Sozialismus. Allerdings gibt es immer wieder die Renitenten und Widerspenstigen. Solche, die behaupten, man solle keiner Statistik glauben, die man nicht selbst gefälscht habe. Ich kannte einen Pfarrer, der diesen Spruch auf den Lippen führte, statistisch gefühlt mehrmals in der Woche. Er galt als unbequem und wenig umgänglich. Denn was sind Statistiken anderes, als ermittelte Mengen, die einen durchschnittlichen Einblick in die Wirklichkeit geben. Jedenfalls, wenn man durchschnittlich zu denken bereit ist. Und im Durchschnitt wird vieles über einen Kamm geschert, das eigentlich viel differenzierter wahrzunehmen ist.
Nehmen wir als Beispiel unser Kirchenvolk. Im Kirchenkreis Perleberg-Wittenberge waren laut Statistischem Jahresbericht am 31.12.2009 21,79% der Einwohner als Gemeindeglieder zugehörig zur Evangelischen Kirche. Die Zahl lädt dazu ein, sich auf die Schultern zu klopfen. Immerhin noch ein Fünftel der Bevölkerung ist evangelisch. Aber das Hochgefühl schwindet beim Blick auf vergangene Verhältnisse, als ein Großteil der Bevölkerung zur Kirche gehörte. Und ganz fatal wird es, wenn wir einmal genau hinschauen und sehen, wieviele von den nominell 21,79% evangelischen Christen ihren Glauben aktiv leben, indem sie sich zur Gemeinde halten. Das sind von den rund zweitausend Christen in Perleberg zum Beispiel weniger als 10%! Das geht doch so nicht! Aber was ist zu tun? Entweder wir passen unsere Wirklichkeit der gewünschten Statistik an, indem wir im Jahr der Taufe einen Großteil der Bevölkerung taufen. Wenn das nicht geht, dann bleibt uns eigentlich nur übrig, unseren Statistik-Blick abzuschaffen. Also unser Augenmerk wieder mehr auf die real vorhandenen Menschen zu richten. Nicht zu leiden an den Abwesenden, sondern uns zu freuen mit den Anwesenden. Das Glas ist nicht zu vier Fünfteln leer, sondern zu einem Fünftel voll.
Unsere Situation ist nicht krisenhaft, sondern birgt eine Menge Potential. Wir sind nicht schuld, sondern dürfen Vergebung erwarten. Wir gelten Gott nicht als weißer Fleck auf der Landkarte seiner Schöpfung, sondern als wertvoll und geachtet um unseres Glaubens willen. Und wie er mit sich handeln ließ, wegen fünf Gerechter das ganze Sodom und Gomorrha zu verschonen, so schaut er jeden Tag nach, wer ihm als gerecht aus Glauben sichtbar wird. Das ist seine Perspektive auf unsere Wirklichkeit. Da zählt jede und jeder Gläubige. Auf einzelnen Menschen mit seinem Glauben kommt es ihm an. Das ist Gottes Statistik: nicht der Durchschnitt, sondern der einzigartige Mensch.
Es wäre allerdings politisch höchst unkorrekt, wollten wir von diesem kleinen Beispiel her generell das Denken in Statistiken verdammen. Ich könnte mir denken, daß 99,9% aller Statistiken wahr sind. Wie damals die Wahlergebnisse, im Sozialismus. Allerdings gibt es immer wieder die Renitenten und Widerspenstigen. Solche, die behaupten, man solle keiner Statistik glauben, die man nicht selbst gefälscht habe. Ich kannte einen Pfarrer, der diesen Spruch auf den Lippen führte, statistisch gefühlt mehrmals in der Woche. Er galt als unbequem und wenig umgänglich. Denn was sind Statistiken anderes, als ermittelte Mengen, die einen durchschnittlichen Einblick in die Wirklichkeit geben. Jedenfalls, wenn man durchschnittlich zu denken bereit ist. Und im Durchschnitt wird vieles über einen Kamm geschert, das eigentlich viel differenzierter wahrzunehmen ist.
Nehmen wir als Beispiel unser Kirchenvolk. Im Kirchenkreis Perleberg-Wittenberge waren laut Statistischem Jahresbericht am 31.12.2009 21,79% der Einwohner als Gemeindeglieder zugehörig zur Evangelischen Kirche. Die Zahl lädt dazu ein, sich auf die Schultern zu klopfen. Immerhin noch ein Fünftel der Bevölkerung ist evangelisch. Aber das Hochgefühl schwindet beim Blick auf vergangene Verhältnisse, als ein Großteil der Bevölkerung zur Kirche gehörte. Und ganz fatal wird es, wenn wir einmal genau hinschauen und sehen, wieviele von den nominell 21,79% evangelischen Christen ihren Glauben aktiv leben, indem sie sich zur Gemeinde halten. Das sind von den rund zweitausend Christen in Perleberg zum Beispiel weniger als 10%! Das geht doch so nicht! Aber was ist zu tun? Entweder wir passen unsere Wirklichkeit der gewünschten Statistik an, indem wir im Jahr der Taufe einen Großteil der Bevölkerung taufen. Wenn das nicht geht, dann bleibt uns eigentlich nur übrig, unseren Statistik-Blick abzuschaffen. Also unser Augenmerk wieder mehr auf die real vorhandenen Menschen zu richten. Nicht zu leiden an den Abwesenden, sondern uns zu freuen mit den Anwesenden. Das Glas ist nicht zu vier Fünfteln leer, sondern zu einem Fünftel voll.
Unsere Situation ist nicht krisenhaft, sondern birgt eine Menge Potential. Wir sind nicht schuld, sondern dürfen Vergebung erwarten. Wir gelten Gott nicht als weißer Fleck auf der Landkarte seiner Schöpfung, sondern als wertvoll und geachtet um unseres Glaubens willen. Und wie er mit sich handeln ließ, wegen fünf Gerechter das ganze Sodom und Gomorrha zu verschonen, so schaut er jeden Tag nach, wer ihm als gerecht aus Glauben sichtbar wird. Das ist seine Perspektive auf unsere Wirklichkeit. Da zählt jede und jeder Gläubige. Auf einzelnen Menschen mit seinem Glauben kommt es ihm an. Das ist Gottes Statistik: nicht der Durchschnitt, sondern der einzigartige Mensch.
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