Moment Mal

von Pfarrerin Anna Trapp

Als Kind habe ich, wenn ich mit meiner Familie eine Kirche besucht habe, gern eine Kerze angezündet. Meine Schwester und ich durften jeweils eine eigene am Kerzenbaum entzünden und wir blieben dann dort andächtig stehen. Dieser kurze Moment der Stille war immer auch Moment des Gebets. Nicht immer mit ausformulierten Worten manchmal auch einfach mit einem Seufzen. Wir dachten an die Menschen die wir lieb hatten oder an die Herausforderungen die in der Schule vor uns lagen. Ich habe immer gern Kerzen entzündet und tue es noch heute. Egal wo auf der Welt ich eine Kirche betrete, wenn es die Möglichkeit gibt eine Kerze zu entzünden, dann tue ich das meist. Und wenn in der Familie oder im Freundes und Bekanntenkreis etwas los ist, dann entzündet meine Mutter zu Hause eine Kerze. Ob Prüfung oder Operation mit dem Licht der Kerze wird an alle gedacht.

Auch in meiner Kirche gibt es einen Ort zum Entzünden von Kerzen und ich freue mich, wenn ich sehe wie viele Menschen hier innehalten. Kerzen werden auch überall da aufgestellt, wo man Gedenken öffentlich macht, o Trauer und Ohnmacht ein Ritual brauchen. Ich denke da z.B. an die Kerzen an den Kreuzen am Wegesrand oder an solchen Orten wie dem Breitscheidplatz in Berlin nachdem dort beim Weihnachtsmarkt so viele Menschen getötet wurden. Das Kerzenlicht scheint für die Opfer die wir beklagen, es drückt Anteilnahme und Solidarität mit den Angehörigen aus. Und es mahnt dazu dem Alltag für einen kurzen Moment in Stille zu unterbrechen.

Still werden, das gehört für mich in besonderer Weise zum Ende des Kirchenjahres. Am Ewigkeitssonntag, der auch Totensonntag heißt, entzünden wir Kerzen für all diejenigen, die im vergangenen Jahr gestorben sind. Ihre Namen werden verlesen und Angehörige oder Gemeindeglieder entzünden für sie eine Kerze am Altar. Das Licht der Kerzen macht den Raum nicht nur hell, es wärmt auch. Natürlich nicht messbar, aber die Liebe die sich in diesem Licht ausdrückt füllt den Raum mit Herzenswärme. Kerzen entzünden um an jemanden zu denken, um zu gedenken, ist ein altes und immer noch wunderschönes Ritual. Denn das Licht der Kerze steht auch für die Hoffnung aus der ich lebe: Dass das Licht auch in der Dunkelheit scheint und von ihr nicht erfasst werden kann. Dass das Licht der Seele der Verstorbenen immer noch leuchtet und Sie unvergessen sind. Dass Gottes ewiges Licht uns leuchtet und wir Menschen einander ein Licht sein können. Darum zünde ich Kerzen an, jetzt am Ende des Kirchenjahres und dann auch bald im Advent.

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