Moment Mal
von Pfr. i.R. Stephan Flade
Konversion – friedlicher Wandel - ist möglich
Ein gelungener Brandenburgtag. Nach vielfältigen bunten Eindrücken dürfen wir erst einmal glücklich verschnaufen. Ein eindrücklicher Höhepunkt, ein ausstrahlend glückliches Fest war das. Konversion in Wittenberge – friedlicher Wandel. In einer nachwendlichen Industriebrache zeigt sich steter Aufbauwille. Erfolgreiche Schritte wurden für das ganze Land zum sichtbaren Erlebnis.
Der August erinnerte an den Bau der Berliner Mauer (13.08.61), an die Niederschlagung des Prager Frühlings (21.08.68), an Zeiten der gefährlichen Ost-West-Konfrontation.
Was können wir Christen zum friedlichen Wandel beitragen? - In der Bibel lesen wir die Sätze „… sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Lanzen zu Winzermessern umschmieden ...“. Friedlicher Wandel ist möglich. Konversion.
Im August waren wir zur Vorbereitung des „Carmina Burana-Projektes“ in Parchim-Dargelütz.
70 Instrumentalisten – Schüler_innen, Studenten, Musikpädagogen und Laienmusiker aus vielen Berufen – probten mit 40 Chorsänger_innen des „Wilsnack Cantabile“. Zwei Kreismusikschulen aus der Prignitz und Mecklenburg haben über die Landesgrenzen hinweg dieses Projekt erarbeitet.
Da kamen wir auf das ehemalige Kasernengelände in Parchim. Sofort war alles wieder präsent. Meine alten Erinnerungen kamen wieder hoch. Das Leben als Pfarrer nahe der Mauer, die Ausweis-Kontrollen bei Haus-Besuchen im Grenzstreifen. Der unsichere Blick und abschätzige Ton der jungen Grenzer, der sehnsüchtige Ausblick nach dem Westen nur wenige hundert Meter entfernt. Das gleiche Erinnern auch bei den älteren Mitsängern: an die Zeit in der Raketenstellung der NVA in Ziegendorf, an die Bausoldatenzeit in Prora, an die Kaserne in Dargelütz, die Munitionsbunker, die Bahnanschlüsse, die unbarmherzigen Befehle der Offiziere und manche sinnleeren Dienste.
Nun proben wir 29 Jahre nach dem Mauerfall gemeinsam mit den aus West und Ost zugewanderten Neu-Prignitzern die Carmina Burana von Carl Orff. Am Ort der vormaligen Kriegsvorbereitung mit ihren Raketenstellungen spielen heute Celli ihre Passagen, üben junge und erfahrene Schlagzeuger ihre heißen Rhythmen, singt ein gesamtdeutscher Chor. Das Werk ist 1935 entstanden. Es war in Hitlers Mörderreich ein Bekenntnis zu menschlichen Werten, zu Liebe, Glück und Lebensfreude. Derb sinnliche Texte von Mönchen, die sich auf die Freuden des Lebens ihren eigenen männlichen Reim machen. Man kann es als Orffs Bekenntnis eines lebendigen Geistes und Widerstandes gegen den dumpfen Ungeist völkischer Ideen hören. Tonales Aufbegehren gegen braunen Sumpf. Impulsive Klänge für das Leben.
Wir musizierten ein Werk der Lebensbejahung in einem vormaligen Kasernengelände der NVA.
Kann man den Geist der Wende, den Wandel des Geistes besser illustrieren? Gibt es buntere Bilder für „Konversion“, für „Schwerter zu Pflugscharen“? Mich hat das alles sehr angerührt, dieses Musizieren und Singen gegen kriegerische Unterdrückung und duckmäuserische Dumpfheit.
Vielleicht haben Sie ja Lust, das Ergebnis unseres Konversions-Projektes zu erleben. Dann kommen Sie am Sa. 01.09. um 18 Uhr in den Schloßpark nach Meyenburg. Es ist der „Weltfriedenstag“, ja das haben Sie gut erinnert. Und wenn das für Sie nicht klappt, dann eben am Sa.08.09. um 18 Uhr in die Parchimer Stadthalle.
Sie werden fröhliche und entspannte Gesichter erleben, die sich um zeitgemäße musikalische Ausdrucksformen der Lebensfreude mühen. Sie werden staunen, wie ansteckend das ist. So wie beim Brandenburgtag. Vergessen Sie es nicht: Es geht um Wandel, Konversion, Zukunftshoffnung, pralles Leben. Alles ist möglich, dem der da glaubt.
Einen Kommentar schreiben