Moment Mal
von Wilfried Schmidt
Sonne und blauer Himmel schützen nicht unbedingt vor Einsamkeit. Kennen Sie das oder haben Sie jemanden, mit dem Sie über alles reden können? Ist es der Ehepartner? Ein Freund? Oder die Kinder, die inzwischen vielleicht selber Familie haben? Oder die alt gewordenen Eltern, die einfach Zeit haben.
Freuen Sie sich, wenn Sie wenigstens eine Person haben und sagen Sie es ihr auch: „Danke, dass ich mit Dir über alles reden kann! Dass Du ein offenes Ohr für mich hast, auch wenn Du gerade andere wichtige Dinge zu tun hast!“ Es ist wirklich ein großes Geschenk, solch einen Menschen zu haben. Danken sie auch Gott dafür!
Das Leben ist nicht immer fair und gerecht. Da ist es einfach wichtig, dass ich jemanden habe, der meine Klagen anhört und meinen Schmerz mit mir aushält. Der oder die mir erlaubt, auch ins Unreine zu reden. Jemand, vor dem ich meine Gefühlslage nicht erklären oder verteidigen muss.
Wenn ich aber solch einen Menschen nicht habe? Obwohl ich lange danach suche oder dafür gebetet habe? Vielleicht hindert mich ja etwas, diesen Menschen zu finden? Bin ich tief von der Befürchtung geprägt, dass ich wieder enttäuscht werde und jemand unvorsichtiger Weise mit anderen über meine Sorgen spricht? Möchte ich niemanden belasten, weil ja jeder selber genug zu tragen hat? Habe ich Sorge, dass mich niemand versteht und ich dann wieder als Mimose oder Schwächling dastehe?
Vielleicht gibt es ja doch einen Menschen, dem Sie die Chance geben sollten, das Ohr zu sein, das zuhört, das Herz zu sein, das mitfühlt.
Ich denke da an ein Gespräch mit einem älteren Menschen. Ich selber war damals jung. Dennoch, ich wollte gern zuhören. Aber mein Gegenüber gab mir keine Chance und klagte: „Mich versteht ja doch keiner!“ Zugegeben, ich befand mich in einer ganz anderen Situation, und doch habe ich - zumindest ein wenig - begriffen, wo die Probleme meines Gegenübers waren. Doch ein weiteres Gespräch war nicht möglich. Leider.
Nun, jeder muss selber entscheiden, wem er sich öffnet. Aber sind wir nicht alles Menschen, die Probleme kennen und mit sich herumtragen und sich gegenseitig entlasten können, wenn sie Nöte und Sorgen teilen? Es kostet manchmal viel Mut, ja! Aber wir werden merken: „Geteiltes Leid ist halbes Leid!“
Es mag sein, dass der andere mich nicht versteht. Aber es tut einfach gut, jemanden zu haben, der an mich denkt, der zuhört, der vielleicht auch für mich oder mit mir betet. Jemand, der mich durch seine Zuwendung mitträgt.
Und geben Sie Gott die Chance, für Sie dazu sein. Nein, er beantwortet nicht alle Fragen. Er nimmt nicht alle Lasten. Warum? Ich weiß es nicht. Aber ich denke an das, was schon mancher erfahren hat: „Ich könnte das alles nicht durchstehen, wenn ich nicht wüsste, dass Jesus bei mir ist. Mit ihm kann ich immer reden. Jeden Tag gibt er mir Kraft, Lasten und Sorgen zu tragen.“ Diese uralte Erfahrung ist auch in der Bibel zu finden (Psalm 68,20). Nie ist Jesus weiter weg als ein Gebet, und ist es noch so leise.
Ich wünsche uns Mut, uns mit unseren Sorgen anderen zu öffnen. Auch den Mut, auf andere zuzugehen und zu signalisieren: Ich bin bereit, für dich da zu sein, dich zu begleiten. Und ich wünsche uns allen die Erfahrung: Gott ist da mit seiner Hilfe. Oft auch durch andere Menschen.
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