Moment Mal
von Pfarrerin Anna Trapp
Unser Ausflug fällt aus - wegen Sturm. Naturgewalt Friederike fegt übers Land und bringt uns wieder einmal in unserem gewohnten Alltag aus dem Trott. Die Schulen lassen Unterricht ausfallen, die Bahn schließt eine Strecke nach der anderen und ich sage den Konfi-Ausflug ab. Stattdessen bleibt, wer kann, zuhause. Vor genau 11 Jahren zog Orkan Kyrill durchs Land und hinterließ auch ein Bild der Verwüstung, 47 Menschen kamen ums Leben. Ich erinnere mich genau, denn damals wie auch diesmal hatte meine Schwester Geburtstag. Daheim im fernen Westfalen war es auch dieses Mal heftig. Sie erzählte mir bildreich davon nach dem Geburtstagständchen am Telefon. Ich war froh, dass Sie Urlaub hatte und ich war beruhigt, als alle meine Lieben zuhause waren und niemandem etwas passiert war.
Die Natur kümmert sich nicht um Fahrpläne, um Arbeitsplätze, Schulkinder oder Häuserdächer. Auch wenn wir dem Wahn unterliegen, wir hätten das Leben im Griff, zeigt uns ein Sturm wie Friederike, dass sich nicht alles dem menschlichen Willen unterwirft.
In der Bibel ist das Wetter häufig ein Anlass über Gottes Macht in der Welt nachzudenken. Jona will vor Gottes Auftrag übers Meer fliehen und wird von einem Sturm eingeholt. Ägyptens Pharao will die Israeliten nicht in Freiheit ziehen lassen und muss erleben, wie Hagel das Land verheert. Als Israel dann durch die Wüste flieht zeigt Gott ihnen in Form einer Wolkensäule den Weg. Und Gott antwortet dem Hiob schließlich auf seine Fragen aus einem Wettersturm.
Es ist eben ein Dauerthema: Das Wetter. Und es ist ein gutes Bild für das Unverfügbare, dass was eben größer ist als wir Menschen. Das weiß auch der Evangelist Markus und macht daraus eine Geschichte. Jesus ist mit seinen Jüngern im Bott als ein Sturm aufzieht. Wellen schlagen ins Boot und es beginnt vollzulaufen. Doch Jesus schläft. Schließlich wecken ihn die Jünger in Panik. „Lehrer! Macht es dir nichts aus, dass wir untergehen?« Da steht er auf und bedroht den Wind und es wird ruhig. Und er dreht sich um und fragt nur: »Warum habt ihr solche Angst? Wo ist euer Glaube?«
Ein starkes Bild wird hier gemalt. Es soll deutlich machen in Jesus von Nazareth begegnet uns mehr als nur ein Mensch. Denn kein Mensch kann das. Wir können wohl Wetterkatastrophen mit beeinflussen. Durch Eingriffe in die Natur haben schwere Wetterphänomene in den letzten hundert Jahren zugenommen und werden weiter zunehmen. Aber sind sie erst einmal da, die Stürme, die Fluten und Feuer dann sind Menschen und Tiere ihnen ausgeliefert und es ist schwer etwas eindämmendes zu tun.
Warum geht man dann also an Tagen des Sturms aus dem Haus? Warum begibt man sich in Gefahr, anstatt die naturgewaltige Pause anzunehmen? Weil wohl kaum ein Arbeitnehmer einfach so frei geben würde. Weil Kinder betreut werden müssen und pflegebedürftige Menschen Hilfe brauchen. Moderne Menschen müssen in den Verstrickungen dieser Welt auch dann funktionieren, wenn die Intuition eigentlich etwas anderes sagt. Vielleicht täte es ja einmal gut, die Naturgewalten als dringende Mahnung zu verstehen unsere grundsätzlichen Prioritäten zu überdenken.
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