Moment Mal
von Pfarrerin Anna Trapp
"Dicke rote Kerzen, Tannenzweigenduft und ein Hauch von Heimlichkeiten, liegt jetzt in der Luft." So beginnt ein Adventslied meiner Kindheit. Noch ist es nicht so weit, doch schon bald beginnt diese Zeit. Der Duft von Tannengrün macht den Anfang. In vielen Kulturen sind Tannenbäume Symbole von Geburt und Auferstehung. Als immergrüne Bäume verdeutlichen sie die Hoffnung auf das ewige Leben. Daher sind Tannenzweige und Tannenreisig auch Bestandteil für Grabschmuck und Grabkränze. In diesen Tagen, der Zeit zwischen Allerheiligen und Totensonntag wird Tanne auf den Friedhof gebracht, die Gräber werden gepflegt, wetterfest gemacht und man nutzt diese Zeit im Besonderen für das persönliche Gedenken. Damit geht das Kirchenjahr zu Ende, wir nehmen Abschied, der Lebenskreis schließt sich.
Am kommenden Sonntag, dem ersten Advent, werden dann Tannenzweige auch ins Haus geholt. Adventsgestecke, Reisig, und der Adventskranz weisen uns an das Leben, geben Hoffnung. Die vier Kerzen des Adventskranz wiederum, die im Laufe der Zeit, Sonntag für Sonntag entzündet werden, versinnbildlichen das Kommen Jesu, des Lichts der Welt, in unsere Gegenwart. Die Erfindung des Adventskranzbrauchs geht auf auf den Theologen und Erzieher Johann Hinrich Wichern zurück, der den Kindern mit seinem 24-Kerzen-Kranz, einer Art Adventskalender, die Zeit des Wartens ausschmücken wollte. Vier große Kerzen sind seit dieser Zeit an den Sonntagen entzündet worden. Ihre Farben variieren nach Gegend und Brauchtum. Der Ring des Kranzes, der weder Anfang noch Ende hat und aus immergrünen Zweigen geflochten ist, stellt die Ewigkeit und das ewige Leben dar, das Christenmenschen in Jesus von Nazareth gefunden haben.
Tannengrün und Kerzenschein sind aber nicht erst durch das Christentum im Winter zu Hoffnungssymbolen geworden. Denn in dieser Jahreszeit ist es ja bekanntlich bei uns auf Grund der kürzeren Sonnenbahn früh dunkel. Kerzen erleuchteten den Raum. Und da grüne Zimmerpflanzen jede Stube freundlicher erscheinen lassen, wurden immergrüne Zweige ins Haus geholt. Böse Geister mögen außerdem kein Tannengrün und wurden so effektiv ausgesperrt. Zudem erinnerte das Grün an den Frühling und die Hoffnung auf baldige Wärme und Sonne.
Mit der Christianisierung wurde diese Hoffnung umgedeutet auf Ewigkeit und das Licht der Welt. Schon im Mittelalter gab es den Brauch des Paradiesbaums, der am 24. Dezember in den Kirchen aufgestellt und mit Äpfeln behangen wurde. Er erinnerte an die Vertreibung der Menschen aus dem Garten Eden. Daraus entwickelte sich in Deutschland der Christbaum, der dann Einzug zunächst in die guten Stuben begüterter evangelischer Familien fand, von dort Verbreitung in der katholischen Bevölkerung und schließlich über die Landesgrenzen hinaus. Heute findet man so überall auf der Welt Adventskränze, Weihnachtsbäume, Kerzenlicht. Ganz offenbar gibt es eine tiefe Sehnsucht, die diese Bräuche in besonderer Weise füllen können. Das Grün, der Duft, der Kerzenschimmer.
Doch bis das Licht am Christbaum brennt ist nun erst einmal Zeit. Zeit der Nachbereitung all dessen was in diesem Jahr gewesen ist, des Abschieds und des Loslassens. Zeit der Vorbereitung, des Kerzenentzündens, der Stille und der Hoffnung. So, wie es in einem anderen Lied von Rolf Krenzer heißt: "Das Licht einer Kerze ist im Advent erwacht. Eine kleine Kerze leuchtet durch die Nacht. Alle Menschen warten, hier und überall, warten voller Hoffnung auf das Kind im Stall."
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