Moment Mal
von Wilfried Schmidt
„Vergesst nicht, dass Christus selbst uns aufgetragen hat: Wer Gott liebt, der muss auch seinen Bruder und seine Schwester lieben.“ So heißt das Bibelwort der Woche (1. Johannes 4,21 – Übersetzung Hoffnung für alle).
Jesus macht damit deutlich: die Liebe zu Gott und zum Nächsten hängen fest zusammen, wie zwei Seiten einer Medaille. Er selbst hat das auch gelebt! Johannes, ein Schüler von Jesus, gibt diese Worte den Leuten seiner Zeit und auch uns eindringlich weiter.
Gott zu lieben, das hinterlässt klare Spuren im alltäglichen Leben. Glaube findet nicht nur dort statt, wo die Glaubenden sich versammeln, sondern drängt auch zur liebevollen Begegnung mit dem Nächsten. Diese Liebe hat viele Gesichter.
Da ist zum einen die helfende Hand. Die Bereitschaft, sich unterbrechen zu lassen, wenn jemand Hilfe braucht – ohne danach zu fragen, was man denn davon habe. Liebe ist bereit, zu geben.
Manchmal reicht ein freundlicher Blick, eine nette Geste. Beides kann dem anderen zeigen: du bist wahrgenommen. Beides kann Zuversicht und Freude schenken. Ja, Nächstenliebe zeigt sich auch in kleinen, fast unscheinbaren Dingen. (Aber für den, dem sie gelten, sind sie groß!)
Ein andermal braucht es „nur“ ein offenes Ohr, ein hörendes Herz, das Bruder oder Schwester versucht, zu verstehen. Liebe nimmt sich dafür Zeit. Sie ist am anderen interessiert. Sie will wissen, was den anderen bewegt.
Liebe stellt den anderen nicht bloß und macht ihn nicht lächerlich, wenn ihm Fehler unterlaufen. Aber sie ist auch mutig, unbequeme Dinge zu sagen. Sie hilft, einen Neuanfang zu wagen und steht wohlwollend zur Seite.
Liebe zum Nächsten bedeutet auch Klarheit dem anderen gegenüber: es soll keiner rätseln müssen, was ich wirklich meine. Aber ich rede möglichst so, dass meine Worte nicht verletzen.
Wie oft ist für uns vollkommen klar, wer sie oder er ist. Und wir sehen die betreffende Person nur noch durch diese Brille. Liebe ist bereit, das Bild, das ich vom anderen habe, hinterfragen und korrigieren zu lassen. Liebe ist bereit, Recht zu geben.
Liebe vergibt. Oder bemüht sich darum, zu vergeben. Das ist nicht immer leicht. Manche Verletzungen gehen richtig in die Tiefe. Liebe schafft es dennoch, zu vergeben und Dinge nicht immer wieder vorzuhalten.
In all dem drücken wir unsere Liebe zur Schwester, zum Bruder aus. Sie hat nicht nur eigene Anliegen und Interessen im Blick, sondern auch das, was für den anderen und die andere wichtig und förderlich ist. Sie bringt dem Nächsten Wertschätzung entgegen.
Allerdings kann es sein, dass wir recht bald überfordert sind. Unser „Liebestank“ ist manchmal und im Blick auf manche Personen recht schnell alle. Doch hier möchte ich an die andere Seite der Medaille erinnern: die Liebe zu Gott. Bedeutet Gott zu lieben nicht auch: ich halte ihm mein Herz hin und lasse mich mit dem beschenken, was ich nicht habe? Wenn Jesus zur Liebe auffordert, dann dürfen wir sie auch von ihm erbitten.
Wie viel Lieblosigkeit und Gleichgültigkeit haben Sie in der letzten Zeit wahrgenommen? Sähe die Welt nicht doch anders aus, wenn wir Barmherzigkeit und Wertschätzung von Jesus erbitten würden, für uns und andere?
Auf jeden Fall wünsche ich viel Kraft, in all unsere Begegnungen Liebe und Wertschätzung hineinzubringen. Er, Gott, wird mit uns sein.
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