Moment Mal
von Pfarrerin Anna Trapp
Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen, Gesundheit und Frohsinn sei auch mit dabei.
„Ach, Dankeschön, das ist ja nett. Und ja, die Gesundheit, das ist ja das Wichtigste...“
Vor allem ab dem 70. Lebensjahr beginnen so, oder zumindest so ähnlich viele Geburtstagsgrußgespräche. Und immer wieder höre ich: Gesundheit ist des Wichtigste im Leben. Und es stimmt in gewisser Weise auch, Gesundheit kann man nicht kaufen, sie ist ein unverfügbares Geschenk.
Auch wenn ich heutzutage regelmäßig die Apothekenumschau lese, meine Schritte zähle und allen Gesundheitsratgebern Folge leiste, Gesundheit kann dennoch von heute auf morgen zerbrechen. Und dann steht da etwas von Tumor, oder mir werden die Stufen der Demenz erklärt, oder ich erwache nach dem Unfall, oder irgendeine unbekannte Krankheit bringt mein ganzes Leben aus den Fugen.
Dennoch behaupte ich provokant: Gesundheit ist wertvoll, aber sie ist nicht das Wichtigste. Man kann mir vorhalten ich kann das so leicht schreiben, weil ich jung und gesund bin. Das mag sein. Doch ich glaube – und jetzt verdreht nicht die Augen, weil es so „typisch Pastorin“ ist:
Das Wichtigste ist die Liebe, die Beziehung untereinander. Das Wichtigste ist, dass ich spüren kann: Ich bin nicht allein. Ich bin auch in Krankheit liebevoll angesehen und für Wertvoll erachtet.
Denn Krankheit kann ausgrenzen. Zu Jesu Zeit, aber auch zu unserer. Krankheit bedeutet auch heute vielfach: Allein sein. Denn ich kann nicht mehr dorthin gehen, wo ich mich früher mit Menschen traf. Und die, die mich früher besucht haben, scheuen sich jetzt vor mir. Die früher mit mir gekuschelt haben ekeln sich vielleicht vor mir. Das nagt an der Seele. Die Krankheit ist schlimm, ja. Aber das was die Seele zerfrisst, ist das Gefühl: So wie ich jetzt bin, bin ich unzumutbar.
Darum sage ich, das Wichtigste im Leben ist die Liebe, die Beziehung, in Gesundheit und in Krankheit. Wichtig ist, dann wenn ich mich selbst nicht mehr leiden kann, zu spüren: Da ist jemand der mich liebt. Da ist jemand, der nicht von mir lässt. Jemand, für den ich keine Last, sondern ein Geschenk bin und bleibe. Liebe ohne Scheu vor mir, ohne Ekel, ohne Berührungsängste. Da wird meine Hand gehalten und spüre das Streicheln, selbst im Sterben noch.
Das Evangelium von der Liebe Gottes ist darum so wichtig. Denn das ist der letzte Trost – dass Gott dich nicht verlässt. Das Gott bei dir ist in Schmerz, und Angst, in Demenz und Krebs und all dem Leid vor dem wir Menschen uns oft abwenden.
In vielen Geschichten von Heilungen in der Bibel geht es im Grunde um Beziehungsarbeit. Jesus von Nazareth wendet sich den Menschen zu, die unberührbar scheinen, sucht ihre Nähe, baut eine Beziehung auf und hilft ihnen so zurück ins Leben. Denn Mensch sein, bedeutet in Beziehung sein. In der Schöpfungsgeschichte heißt es so schön „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.“
Moment mal, warum führe ich das so sehr aus? Weil ich eigentlich nur sagen will: Hab Mut. Durch deine Nähe wird Einsamkeit durchbrochen und für einen Moment kann etwas heil werden. Durch deine Berührung geschieht ein kleines Wunder. Durch dein Hinhören wird Leid verringert. Und deine Zeit schenkt kostbarste Augenblicke.
Das ist das Wichtigste, die Liebe, die Beziehung. Bis dass der Tod uns scheidet und darüber hinaus.
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