Wort zur Woche
von Pfarrer Christian Gogoll
Advent mit Bernhard
„Advent, Advent, geheimnisvolle Zeit…“, so fängt ein Lied an, dass ich seit einigen Jahren in der Adventszeit mit den Schülern der Christophorusschule in Hoppenrade gerne singe. Die Adventszeit wird in diesem Lied als eine Zeit beschrieben, die ein ganz besonderes Geheimnis enthalten kann. Eine Zeit des Stauens, eine Zeit der Freude, eine Zeit des Teilens und eine Zeit des Aufbruchs. Und ich stelle mir aufs Neue die Frage, „Was macht diese Zeit eigentlich zu dieser besonderen Zeit?“ Diese Frage kann ich nur für mich selbst beantworten. Denn nur, wenn ich auch bereit bin, mich auf eine Veränderung einzulassen, um vielleicht anders und bewusster zu handeln, die Welt anders zu betrachten und die Perspektive zu wechseln, könnte die oft stressige Vorweihnachtszeit zu einem anderen Advent werden. Einer Zeit, die mir gut tut.
Um einen Pespektivwechsel geht es auch in einem Text, der ais dem 12. Jahrhundert stammt. Geschrieben hat ihn der berühmten Kirchenlehrer Bernhard von Clairvaux. Und doch könnte er aktueller nicht sein:
„Schale der Liebe – Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale, nicht als Kanal, der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt, während jene wartet, bis sie gefüllt ist. Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter. Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen, und habe nicht den Wunsch, freigiebiger zu sein, als Gott. Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zum See. Du tue das Gleiche! Zuerst anfüllen und dann ausgießen. Die kluge und gütige Liebe ist gewohnt überzuströmen, nicht auszuströmen. Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst. Wenn du nämlich mit dir selber schlecht umgehst, wem bist du dann gut? Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle; wenn nicht, schone dich.“
Einmal anders herum denken, so empfiehlt es uns Bernhard von Clairvaux. Nicht erst dann geht es uns gut, wenn wir anderen etwas Gutes getan haben; nein, erst wenn es uns gut geht, kann ich auch Gutes weitergeben. Also achte auf dich selbst!
Vielleicht ist das der Schlüssel gegen Überforderung, Überlastung und Überbeanspruchung.
In der Adventszeit warten wir auf Christus den Retter. Vielleicht will er mich in diesem Jahr dadurch retten, indem er mir einen Perspektivenwechsel ermöglicht. Nämlich auch auf den zweiten Teil des Doppelgebotes zu achten: „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst!“
„Advent, Advent geheimnisvolle Zeit…“ in dieser Zeit kann ich etwas vom göttlichen Geheimnis für mich entdecken. Etwas für mich zu tun ist mindestens ebenso wichtig, wie die Hilfe für meine Mitmenschen.
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