Wort zur Woche
von Pfarrer Volker Sparre
Scheinbar verloren - durch Zuwendung gerettet
Immer wieder kommt es vor, dass uns etwas verloren geht. Einmal finden wir unseren Schlüssel nicht. Oder wir suchen vergeblich einen Zettel, obgleich wir ganz genau wissen, dass wir ihn an uns genommen haben. Wir kommen nicht mehr auf einen Namen, den wir doch immer gewusst haben. Mit zunehmendem Alter geht es uns vielleicht so, und es lässt uns dann keine Ruhe und beschäftigt uns immerzu, bis wir das Verlorene wiedergefunden haben. Jesus Christus spricht in dem Bibelspruch für die neue Woche auch von Verlorenem.
Das soll uns auch keine Ruhe lassen, weil es dabei um Menschen geht. Jesus spricht von verlorenen Menschen, und er sieht seine Lebensaufgabe darin, sie zu suchen und selig zu machen. Der Text, Lukasevangelium, Kapitel 19. Vers 10: „Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ Wie kann ein Mensch verloren gehen? In früheren Zeiten, versuchte man in der Kirche Menschen ihre Sündhaftigkeit vor Augen zu führen und sie mit moralisierenden Reden darauf zu stoßen, damit sie sich als Verlorene erkennen und Rettung bei Jesus suchen. Heute sind die Predigten vieler Pfarrer anders.
Viele Menschen sind weit davon entfernt, sich als „Verlorene“ zu sehen. Auch der Mensch, um den es bei der Geschichte geht, aus dem der Wochenspruch entnommen ist, würde sich nicht als verlorenen Menschen verstehen. Dieser Mann, Zachäus, war Chef der verkehrsreichen, einträglichen Zollstrecke von Jerichow. Ihm ging es gut. Er nahm den Leuten Geld ab, den üblichen Zoll und darüber hinaus einiges für die eigene Tasche. Die Leute hatten ihn zu fürchten. Er stand mit der Besatzungsmacht der Römer gut. Aber man hasste ihn, gerade weil er gemeinsame Sache mit der Fremdherrschaft machte und seinen materiellen Vorteil daraus zog. Deshalb zahlte man es ihm bei günstiger Gelegenheit heim.
Er ist klein, und man lässt ihn einfach nicht ran, als es auf der Straße etwas zu sehen gibt. Jesus kommt vorbei. Zachäus weiß sich zu helfen. Er steigt auf einen der am Rand stehenden Bäume. Er ist einfach nur neugierig und wird nun in der Geschichte zum Akteur, als Jesus ihn anspricht. Jesus sieht in diesem den äußeren Umständen nach reichen Menschen einen innerlich und menschlich armen, einen bedauernswerten Mann. Er ist einem guten und gelingendem Zusammenleben verloren. Sein Wohlstand ist mit Einsamkeit und Ablehnung erkauft. Ein wertvolles und Frieden schenkendes Leben sieht anders aus.
Aber Jesus reagiert nicht mit Tadel und Zurechtweisung. Er redet ihm gar nicht ins Gewissen. Er macht frei durch Zuneigung. Er wendet sich ihm zu, sagt ihm, dass gerade er ihm wichtig sei und möchte bei ihm Gast sein. Jesus gibt ihm, was dieser Mensch gerade nicht hat, seine Anerkennung und Wertschätzung. Und wie wir in der weiteren Geschichte erfahren, wird dadurch dieser Zachäus ein ganz anderer Mensch, ein heiler und auch anderen wohlwollender Mensch. Ein Beispiel hat uns Jesus da gegeben. So sollen auch wir ihm nachtun, Menschen heil und frei machen durch Zuwendung und Wertschätzung. Das meint auch die Bibel, wenn sie von Nächstenliebe schreibt.
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