So fern und doch ganz nah - Tiefe Betroffenheit im Sprachcafé Wittenberge
von Martina Herms
Immer wieder kreisen unsere Gedanken um die tragische Nachricht, die wir gestern im Sprachcafé Wittenberge erhalten haben. Das Sprachcafé ist ein wöchentlicher Treff mit geflüchteten Menschen in der Kirchengemeinde Wittenberge. Die Nachricht vom entsetzlichen Giftgasangriff am gestrigen Dienstag in Syrien war dort unserem Team so furchtbar nah.
Tief erschüttert mussten wir die Nachricht vernehmen, dass eines unserer jungen syrischen Ehepaare 19 Familienmitglieder beim Giftgasangriff in der Region Idlib im Ort Chan Scheichun verloren hat. Darunter Frauen, Kinder und Männer. Das Leiden der Hinterbliebenen dieses Verbrechens ist plötzlich so nah bei uns. Was für eine Tragödie für die Menschen in Syrien!
Wer die Flucht überstanden hat und bei uns in Deutschland Aufnahme und Hilfe erhalten konnte, ist nun in Sicherheit. Jetzt aber durchleiden sie mit dieser Nachricht eine tiefe Trauer über jene Familienmitglieder, die diesen Weg in ein sicheres Land nicht geschafft haben.
Die wöchentlichen Treffen im evangelischen Gemeindehaus haben neben der Möglichkeit, die deutsche Sprache mit engagierten ehrenamtlichen Menschen zu üben, auch ein wenig Hoffnung in das Leben der Flüchtlinge bringen können. Die Freude darüber, dass innerhalb der letzten 6 Monate gesunde syrische Babys hier das Licht der Welt erblicken durften, war groß im gesamten Team. Es entstanden dabei enge Freundschaften. Weitere 3 Geburten stehen kurz bevor.
Die heutige Nachricht führt dazu, dass der Zusammenhalt mit den Geflüchteten in Wittenberge noch enger wird. Gemeinsam werden wir versuchen, der betroffenen Familie die benötigte Unterstützung zu geben. Einfach da zu sein, wenn die Lebenssituation so einschneidende Spuren hinterlässt.
Das respektvolle Miteinander von Flüchtlingen, Kirchenmitarbeitern und einem Team aus ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sind für uns ein alltäglicher Beweis dafür, dass wir friedvoll mit einander leben wollen und können.
Wir vom Sprachcafé Wittenberge können nicht schweigen zu dieser Nachricht; wir können durch unsere Arbeit mit den Flüchtlingen im Sprachcafé versuchen, den Opfern von Krieg und Verfolgung eine öffentliche Stimme zu geben.
Für uns zeigt es sich wieder einmal, wie nah der Krieg in Syrien sein kann. Die Anonymität von Kriegsgeschehnissen und -berichten lässt mitunter die Leiden der betroffenen Menschen nicht so nah an uns heran.
Wir hören und sehen Berichte von Opfern, die wir nicht kennen. Aber nun haben wir Namen erfahren, wissen, dass viele Kinder unter den Opfern sind... Vor den dramatischen Ereignissen in Ländern wie Syrien, Afghanistan und vielen anderen dürfen wir nicht die Augen verschließen. Unsere Hilfe ist dringend erforderlich und ein Gebot der Menschlichkeit.
Das Team vom "Sprachcafè Wittenberge".
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