Osterwort
von Pfr.i.R. Johannes Kölbel
Liebe Leser,
Ostern ist ein Fest der Lebensfreude. Das Osterei ist das Lebenssymbol. Ganz gleich wie wir denken und wie wir glauben: Wir feiern das Wachsen im Frühling, die kommende Wärme nach der Winterkälte, das Grünen und die Bewegungsfreiheiten nach dem winterlich-häuslichen Eingeengtsein.
Christen ist das Leben von Jesus in der kommenden Zeit, über den Gründonnerstag, den Karfreitag, den Karsamstag, den Ostersonntag bis hin zum Ostermontag, sehr nahe. Dabei erinnern wir viel von dem, was die Bibel uns überliefert. Gleichzeitig gibt es für mich kein Ostern ohne die Gewissheit, daß Jesus als der leidende und der gekreuzigte Mensch, auch der durch den Tod gegangene Gottessohn ist. Jesus hat mit ungeheuerlich viel Liebe sein Leben und seine Beziehungen vom Anfang an bis zum bitteren Ende gestaltet. Zentral dabei ist seine Botschaft: Ich fühle mich allen leidenden und gequälten Menschen so verbunden, daß ich höchstpersönlich in ihnen zu finden bin.
Und so kann ich nicht Jesus nahe kommen, ohne daß ich andere Menschen in ihrer Not, in ihrem Schmerz, in ihrer Todesangst und in ihrer fast verzweifelten Hoffnung an mich heran lasse.
Es gibt keinen Gründonnerstag ohne das miteinander Teilen und das miteinander Essen. Es gibt keinen Karfreitag ohne die Wahrnehmung all der öffentlichen, brutalen Ermordungen und der vorangehenden Folter von unschuldigen oder schuldigen Menschen. Es gibt keinen Karsamstag ohne die abgrundtiefe Trauer um die Toten, ganz gleich ob in unserer Nähe verstorben, im Mittelmeer ertrunken oder im Kugelhagel der kriegerischen Konflikte von Syrien oder in Afghanistan umgekommen.
Es gibt für mich kein Osterfeuer ohne die Bilder von den Holzfeuern der Geflüchteten an der griechisch-mazedonischen Grenze, in Schlamm und Kälte. Und es gibt keinen Osterjubel mit dem Ruf: "Der Herr ist auferstanden!", wenn wir nicht für das glückliche und friedliche Leben aller und miteinander, ganz gleich ob Muslim, Jude, Christ oder Atheist, eintreten und dem Tod die Stirn bieten, wo und wie auch immer wir es vermögen. Ein biblisch berichteter Ostermontag geht nicht ohne die Begegnung mit aktiven und hoffenden Menschen, die auch nach dem Tod und in tiefer Trauer weiter gehen. Jesus hat sich damals als der Auferstandene gezeigt und lässt sich auch heute in einer solidarischen Gemeinschaft von Einheimischen, Geflüchteten und Fremden finden.
Ich lade Sie herzlich in die Gottesdienste der Kirchengemeinden ein. Ich wünsche Ihnen allen ein fröhliches Osterfest mit dem Segen Gottes in allen ihren Erfahrungen! Ihr Johannes Kölbel
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