Moment Mal
von Pfarrer Sacha Sommershof
Stressfrei in den Urlaub
Die Urlaubszeit ist angebrochen, die schönste Zeit des Jahres beginnt und ist mit vielen Erwartungen verbunden. Manch einer bleibt vielleicht zuhause, genießt die Ruhe des Gartens und freut sich seines Urlauberlebens. Viele aber zieht es in Urlaubsorte und das Auto ist dabei wahrscheinlich das meist gebrauchte Reisemittel. Trotz der jährlich wiederkehrenden Tipps die Reise antizyklisch zu gestalten, treffen sich dann doch wieder viele im Stau auf den Autobahnen wieder. Es soll auch schon zu Urlaubsbekanntschaften gekommen sein, schließlich trifft man sich jedes Jahr dort.
Doch häufiger ist die Autofahrt in den Urlaub eher mit Stress verbunden. Da quengeln die Kinder und die Hörspiele haben ihren beruhigenden Charakter schon nach der achten Wiederholung verloren. Der Beifahrer trägt auch nicht zur guten Stimmung bei und die anderen Verkehrsteilnehmer können sowieso nichts richtig machen. Der 2005 verstorbene Kabarettist Hanns Dieter Hüsch hat einmal einen Text geschrieben, in dem er sich überlegte, wie das wäre, „wenn bei allen Autos die Fensterscheiben runtergekurbelt oder - gedrückt, je nach dem, würden und alle Autodächer auch noch auf einen Schlag weg wären und jeder Autofahrer die anderen Autofahrer hören könnte, was die so alles reden und sagen und schimpfen und von sich geben“. Ein riesiges Stimmengewirr würde sich über die Straßen und Städte legen und da käme einem dann nicht nur Freundliches zu Ohren, sondern auch Dialoge wie dieser:
„Jetzt fahr doch,hier ist 120, da kann man ja wohl ein bisschen schneller fahren. - Was für 'ne lahme Kröte, soll er doch nachts fahren, dann stört er keinen. - Geht wahrscheinlich nicht, weil er nur bei Tageslicht fahren kann. - Ja, am besten mit dem Bus.“
Selbst an sich friedfertige Menschen verwandeln sich als Autofahrer in ungewohnt aggressive Zeitgenossen, wohl auch weil ihr Zorn zwischen Lenkrad und Wackeldackel bleibt und, anders als in der Geschichte von Hanns Dieter Hüsch, nicht nach außen dringt. Und dennoch: Zur Entspannung trägt die Autofahrerwut nicht bei, viel mehr vergrößert sie den Stress, der sowieso schon auf den Straßen herrscht.
Wie in vielen Situationen des Lebens geht es auch beim Autofahren um das Miteinander und um die Frage der Selbst- und der Fremdwahrnehmung. Muss man sich wirklich über denjenigen aufregen, der sich an die Geschwindigkeitsregeln hält oder der defensiv fährt, um sich und andere nicht zu gefährden?
Im Matthäusevangelium, in der Bergpredigt Jesu, geht es in einem anderen Zusammenhang genau darum: Wie hälst du es mit dem Schimpfen, mit dem Richten über andere. Jesus hat da einen ganz einfachen und doch schwierig umzusetzenden Rat: „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge.“ Übersetzt auf die Urlaubsfahrt hieße das: „Was regst du dich über deinen Vordermann auf, der in der Baustelle 60 fährt und siehst nicht, dass du mit 100 auf dem Tacho an ihn herangerast bist.“
Ich muss zugeben, dass ich mich auch gerne im Auto über andere aufrege. Für die Urlaubsreise in diesem Jahr habe ich mir aber fest vorgenommen, den Rat Jesu zu beherzigen, und mich zuerst an meine eigene Autofahrernase zu fassen. Vielleicht versuchen Sie es für sich auch.
Ich wünsche Ihnen eine stressfreie Fahrt in den und aus dem Urlaub und eine erholsame Urlaubszeit. Ihr Pfarrer Sacha Sommershof
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