Havelberger Dialoge - Jüdisches Leben heute

von Ev. Kirchenkreis Prignitz

Kommt, reden wir zusammen, wer redet, ist nicht tot! So sagt es der in einem Prignitzer Pfarrhaus geborene Arzt und Dichter Gottfried Benn. Die „Havelberger Dialoge“ sollen dies befördern. In diesem Herbst lautet das Thema der Vortragsreihe "Jüdisches Leben heute".

Dienstag, 29. Oktober 2024, 19.00 Uhr Paradiessaal im Dom Havelberg
Lesung und Gespräch mit Philipp Peyman Engel
Der Chefredakteur der Jüdischen Allgemeine und Autor liest aus seinem Buch: Deutsche Lebenslügen. Der Antisemitismus, wieder und immer noch

Der brutale Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober ist zu einer Nagelprobe politischer und moralischer Haltung in Deutschland geworden. Das Schweigen der Linken und der Jubel muslimischer Einwanderer, die Unterstützung der Palästinenser durch die Klima-Aktivistin Greta Thunberg, die abgerissenen Plakate der Entführten, das Entsetzen der Politiker, die die Aufnahmen der Täter gesehen haben – viele Gewissheiten hat der 7. Oktober erledigt. In Deutschland zeigt sich der Antisemitismus wieder so offen, dass man vermuten könnte, er wäre nie weg gewesen.
Der deutsche Jude Philipp Peyman Engel ist davon nicht überrascht. Seit Jahren verfolgt er die Anbiederung der deutschen Politik an die Feinde Israels und den alltäglichen Antisemitismus aus allen Ecken der Gesellschaft. Sein Buch ist die schonungslose Beschreibung der moralischen Krise dieses Landes. Philipp Peyman Engel, geboren 1983 in Herdecke, ist als Sohn einer persischen Jüdin und eines deutschen Vaters im Ruhrgebiet aufgewachsen. Der Journalist wurde 2023 mit dem renommierten Medienpreis „Chefredakteur des Jahres“ ausgezeichnet. Am 29. Oktober ist Philipp Peyman Engel in Havelberg.

Dienstag, 12. November 2024, 19.00 Uhr Paradiessaal im Dom Havelberg
Lesung und Gespräch mit Mirna Funk
Die Journalistin, Bloggerin und Autorin liest aus ihrem 2024 veröffentlichten Spiegel-Bestseller "Von Juden lernen – 5784 Jahre Denkgeschichte für die Zukunft".

Shitstorms, Sex, Selbstbestimmung – ein ungewöhnlicher Blick auf aktuelle Themen. Wenn es heute um jüdisches Leben geht, dreht sich die Diskussion – insbesondere in Deutschland – meist um den Holocaust, den arabisch- israelischen Konflikt oder Antisemitismus. Dabei ist das Judentum die älteste der monotheistischen abrahamitischen Religionen, das bedeutet eine jahrtausendealte Kultur und Philosophie. Mirna Funk greift in ihrem aktuellen Buch acht Theorien der jüdischen Ideengeschichte auf, und bringt sie in Dialog mit dem „Jetzt“. Dazu gehört zum Beispiel „lashon hara“, das Verbot der üblen Nachrede, oder „tikkun olam“, die Pflicht, die Welt zu verbessern. So eröffnet Funk eine neue Perspektive auf politische Debatten, Streitkultur und Persönlichkeitsentwicklung: lebensnah, philosophisch fundiert und einzigartig.
„Vieles, was heute diskutiert wird, als sei es ein Novum, haben Juden schon lange besprochen. Let’s learn from it.“ So sagt es die Autorin. Mirna Funk, geboren 1981 in Ostberlin, studierte Philosophie und arbeitet heute als Autorin sowie freie Journalistin, unter anderem für ›FAZ‹, ›SZ‹ und ›Die Zeit‹. Seit 2021 erscheint ihre monatliche Sex-Kolumne in der ›Cosmopolitan‹ und seit 2018 schreibt sie über jüdisches Leben bei ›Vogue online‹. Ihr Debüt wurde mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet, das Sachbuch „Who Cares“ wurde ein sofortiger Bestseller.

Dienstag, 19. November 2024, 19 Uhr im Paradiessaal im Dom Havelberg
Lesung und Gespräch mit Dmitrij Kapitelman - Journalist und Autor des Buches "Eine Formalie in Kiew".

Dieses Buch ist die Geschichte einer Familie, die einst voller Hoffnung in die Fremde zog, um ein neues Leben zu beginnen und am Ende ohne jede Heimat dasteht. Erzählt mit dem bittersüßen Humor eines Sohnes, der stoisch versucht, Deutscher zu werden. Dmitrij Kapitelman kann besser sächseln als die Beamtin, bei der er den deutschen Pass beantragt. Nach 25 Jahren als Landsmann, dem Großteil seines Lebens. Aber der Bürokratie ist keine Formalie zu klein, wenn es um Einwanderer geht. Frau Kunze verlangt eine Apostille aus Kiew. Also reist er in seine Geburtsstadt, mit der ihn nichts mehr verbindet, außer Kindheitserinnerungen. Schön sind diese Erinnerungen, warten doch darin liebende, unfehlbare Eltern. Und schwer, denn gegenwärtig ist die Familie zerstritten.
Dmitrij Kapitelman, 1986 in Kiew geboren, kam im Alter von acht Jahren als „Kontingentflüchtling“ mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Leipzig und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München. Heute arbeitet er als freier Journalist. 2016 erschien sein erstes, erfolgreiches Buch „Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters“, für das er den Klaus-Michael Kühne-Preis gewann. 2021 folgte „Eine Formalie in Kiew“, für das er mit dem Buchpreis „Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag“ ausgezeichnet wurde.

 

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